2022-02-02T09:04:32+0000

„Caravan-Reparatur erfordert jahrelange Erfahrung“

Dierk Conrad, Geschäftsführer Nutzfahrzeuge im Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF), spricht im Interview über die Anforderungen, die qualifizierte Betriebe für den Erwerb der Auszeichnung „Caravan-Fachbetrieb“ erfüllen müssen und wie sich das Netzwerk seit seiner Einführung entwickelt hat. ___Wie viele zertifizierte Betriebe hat der ZKF derzeit?___ __Dierk Conrad:__ Derzeit sind es 120 zertifizierte Betriebe. Vor gut zwei Jahren haben wir ganz stolz den fünfzigsten Betrieb in Hamburg zertifiziert. Seitdem hat der Prozess noch einmal deutlich an Fahrt aufgenommen. Diese Entwicklung dürfte vermutlich auch von dem derzeitigen Caravan-Boom und der allgemeinen Situation herrühren … Dierk Conrad: Viele Betriebe waren bereits vor Corona in der Caravan-Reparatur tätig und wollen den Geschäftsbereich in der jetzigen Zeit auf noch festere Beine stellen. Diese Betriebe sehen die Caravan-Reparatur nicht als ein Randgeschäft, sondern als zusätzliches Standbein. Über Neunzig Prozent der Betriebe, die sich jetzt zertifizieren lassen, sind schon jahrelang in der Caravan-Reparatur zuhause und bringen viel Erfahrung in das ZKF-Netzwerk. ___Gibt es eigentlich ein Ziel bei der Anzahl der Betriebe, die Sie zertifizieren wollen?___ __Dierk Conrad:__ Das Wachstum wird sicher nicht unendlich weitergehen, weil es auch nur eine begrenzte Anzahl qualifizierter Betriebe gibt. Wenn wir uns die Zahl der Antragsunterlagen ansehen, die wir über die Jahre an die Mitgliedsbetriebe verschickt haben und dies den Zertifizierungen gegenüberstellen, gehe ich davon aus, dass es sich bei etwa einhundertfünfzig zertifizierten Betrieben einpendeln wird. Wir haben jetzt bereits eine ziemlich gute Abdeckung – im Nordosten und den östlichen Bundesländern gibt es aber noch Potential. Insgesamt ist hier ein flächendeckendes Netz entstanden, das für den Fahrzeughalter von Caravan und Wohnmobilen interessant und leistungsstark ist. Allerdings sind die Kunden für einen guten Reparaturbetrieb auch bereit, mehrere hundert Kilometer zu fahren, weil das Caravan-Thema bei vielen sehr stark emotional besetzt ist. ___Welche Kriterien gelten für das Zertifikat?___ __Dierk Conrad:__ Die Zertifizierung wurde 2015 aufgesetzt und gemeinsam mit DEKRA ein entsprechender Kriterienkatalog erarbeitet. Ausgehend von der Voraussetzung, dass ein Betrieb zusätzlich zur Eintragung in der Handwerksrolle auch eingetragener Meisterbetrieb in der Karosserie-Innung sein muss, geht es dabei um den Nachweis an Erfahrung, den ein Betrieb in der Caravan-Reparatur mitbringt. Um dies sicherzustellen, verlangen wir zusammen mit dem Antragsformular unter anderem drei dokumentierte Reparaturbeispiele, bei denen es sich nicht um einfache Maßnahmen wie einen Teiletausch, sondern aufwendigere Instandsetzungen, wie etwa am Sandwich-Aufbau handeln sollte. Die eingereichten Unterlagen sollten neben einer Kopie der Reparaturrechnung auch Beispielfotos enthalten, damit wir uns bereits vor der Betriebsprüfung ein Bild davon machen können, welche Arbeiten der Betrieb bereits ausgeführt hat. Auch die Ausstattung des Betriebs spielt eine wichtige Rolle. ___Auf welche Ausstattungsmerkmale legt der ZKF hier besonderen Wert?___ __Dierk Conrad:__ Hier ist unter anderem eine gewisse Hoffläche erforderlich, die es erlaubt, mit einem Gespann gefahrlos einfahren und rangieren zu können und darüber hinaus
auch genügend Stellflächen bietet. Diese sind wichtig, weil sich Reparaturen im Caravan-Bereich auch einmal über mehrere Wochen oder sogar Monate hinziehen können, wenn bestimmte Ersatzteile auf sich warten lassen. Das Innere der Halle muss ebenfalls ausreichend dimensioniert sein, da ein Wohnmobil gut und gerne zwei Stellplätze eines gewöhnlichen Pkw beanspruchen kann. Dasselbe gilt für die Höhe dieser Fahrzeuge, für die eine Rolltorhöhe von vier Metern nicht unterschritten werden sollte. Auch das äußere Erscheinungsbild spielt eine Rolle. Wichtig ist, dass es einen ansprechenden Kundenwartebereich gibt. Dies trägt vor allem der Tatsache Rechnung, dass es sich beim Caravan-Kunden um einen Privatkunden handelt. Bei Pkw-Unfallschäden kommt der Betrieb häufig nur mit dem Fahrzeug, nicht aber direkt mit dem Kunden in Kontakt. Der Kunde im Caravan-Bereich überantwortet der Werkstatt nicht einfach nur sein Fahrzeug oder Fortbewegungsmittel, sondern sein rollendes Wohnzimmer. Daher ist es besonders wichtig, dass der Kunde Vertrauen in die Werkstatt hat. Viele wollen den Betrieb auch sehen, in dem sie ihr Fahrzeug abgeben. Dieser Aufbau von Vertrauen fängt im Grunde schon beim Unternehmensauftritt im Internet an, der professionell gestaltet sein und entsprechende Anhaltspunkte geben sollte, dass dort Caravans professionell repariert werden. ___Wie sieht es bei der technischen Ausstattung aus?___ __Dierk Conrad:__ Bei der Caravan-Instandsetzung gibt es weniger Spezialwerkzeuge als im Pkw-Bereich. Es sollte aber zum Beispiel eine Lkw-Spritzkabine geben oder einen entsprechenden Multifunktionsarbeitsplatz. Grundsätzlich vertreten wir bei unseren Vergabekriterien die Position, dass ein Betrieb nicht alles selbst können, aber sämtliche Anforderungen bedienen können muss. ___Was heißt das konkret?___ __Dierk Conrad:__ Nehmen wir zum Beispiel die Fahrzeugwäsche. Wenn ein Betrieb nur einen Pkw-Waschplatz hat, aber auf einen großen Waschplatz in seinem Gewerbegebiet zurückgreift, genügt uns das. Das gleiche gilt für den Bremsenprüfstand – diesen muss die Werkstatt nicht zwingend vorhalten, aber sie benötigt dann einen entsprechenden Kooperationspartner. Beim Thema Strukturblechreparatur verfahren wir ähnlich. Hier gibt es verschiedene Systeme auf dem Markt, deren relativ hohe Anschaffungskosten sich nicht für jeden Betrieb rechnen. Daher schreiben wir nicht den Kauf einer spezifischen Lösung vor. Die Werkstatt muss die Reparatur ausführen können oder einen Kollegenbetrieb an der Hand haben, der dazu in der Lage ist. Darüber hinaus verlangen wir auch Kompetenzen oder eine entsprechende Partnerschaft im Schreiner- oder Tischlerbereich, weil mit einem größeren Schaden am Wohnmobil meist auch Reparaturen im Innenausbau, wie Möbel oder Schränke einhergehen. ___Und deshalb ist der Nachweis sämtlicher Kooperationsvereinbarungen erforderlich?___ __Dierk Conrad:__ Genau – ein weiterer wichtiger Punkt ist die Elektrik. Die Fahrzeuge haben einen Hauselektrik-Anschluss mit 230V Betriebsspannung, an dem kein Mitarbeiter ohne entsprechende Ausbildung arbeiten darf. Daher muss auch eine Kooperation mit einem Elektriker nachgewiesen werden. Wir wollen sicherstellen, dass der Betrieb auch tatsächlich in diesen Kompetenzbereichen über ein verlässliches Netzwerk verfügt. ___Muss man eigentlich Camper sein, um auch Caravans reparieren zu können?___ __Dierk Conrad: __Muss man nicht – aber die Leidenschaft für die Caravan und Wohnmobile muss im Betrieb verankert sein. Wenn wir die Betriebe im Rahmen der Prüfung besuchen, wollen wir auch immer wissen, welche Motivation hinter der Zertifizierung als
Caravan Fachbetrieb steht. In vielen Fällen stellt sich dabei heraus, dass der Inhaber selbst ein ganz tolles Wohnmobil in der Halle stehen hat, das er voller Stolz präsentiert. In anderen Betrieben wird uns erzählt, dass mehrere Mitarbeiter begeisterte Camper sind und sich richtig darauf freuen, in die Reparatur dieser Fahrzeuge verstärkt einzusteigen. Das sind wichtige Kriterien, zumal es hilfreich ist, zu wissen, wie die Kundschaft tickt und was sie verlangt. Darauf muss man eingehen und das gelingt umso besser, wenn man sich in der speziellen Materie auskennt. Ein schneller Einstieg in dieses Geschäft, nur weil es derzeit in aller Munde und in allen Medien präsent ist, wird nicht erfolgreich funktionieren. ___Sie bieten auch entsprechende Qualifikationen und Weiterbildungsmaßnahmen an?___ __Dierk Conrad:__ Speziell für das Caravan-Segment bieten wir verschiedene Lehrgänge an, die von den Mitgliedsbetrieben sehr gut angenommen und stark nachgefragt werden. Neben theoretischen Lehrgängen, wie z.B. der Kalkulation und Schadenbegutachtung, können die Betriebe von uns unterschiedliche Praxislehrgänge buchen. Beispielhaft sei der Lehrgang zur Reparatur von Sandwich-Paneelen zu nennen. Sofern ein Reparaturbetrieb nicht bereits im Nutzfahrzeugbereich Instandsetzungsarbeiten an Isolieraufbauten durchgeführt hat, fehlen die dafür erforderlichen Kenntnisse zumeist. Der ZKF bietet daher dreitägige Schulungen an, die auch sehr praxislastig ausgelegt sind. Hier geht es vor allem darum, den gesamten Reparaturprozess bis zur Lackvorbereitung abzubilden. Diese Veranstaltungen führen wir zusammen mit zwei Partnern durch: einem Hersteller solcher Sandwich-Platten sowie einem Lackhersteller. ___Wird das Zertifikat auch regelmäßig überprüft?___ __Dierk Conrad:__ Eine Überprüfung vor Ort findet alle zwei Jahre statt. Hierbei geht es uns neben dem weiteren Ausbau der Kompetenzen insbesondere um den Netzwerkcharakter und darum, den Kontakt zu halten und sich zu erkundigen, wie das Geschäft läuft und wie der Verband die Betriebe weiter unterstützen kann. Wir wollen den engen Austausch mit den Betrieben, sind Ansprechpartner und vermitteln auch, wenn es etwaige Schwierigkeiten bei der Beschaffung oder technische Fragen gibt. Das hilft vor allem auch Betrieben, die noch nicht so lange im Caravan-Geschäft tätig sind. Eine weitere Gelegenheit zum Netzwerken wird in diesem Jahr der Caravan-Tag bieten, der im letzten Jahr leider ausfallen musste. Für dieses Jahr ist die Veranstaltung in Rheinland-Pfalz beim Wohnmobilhersteller Eura Mobil geplant. Der ursprünglich für März geplante Termin wurde auf Grund der aktuellen Lage abgesagt, doch es soll noch einen Alternativtermin in diesem Jahr geben. Bei der Veranstaltung werden wieder die fachlichen und technischen Themen im Fokus stehen. Während der Pausen wird es ausreichend Gelegenheiten geben, sich gegenseitig kennenzulernen, auszutauschen und sich bei Teilnehmern der begleitenden Fachausstellung zu informieren. Die einzelnen Betriebe empfinden sich hierbei weniger als Wettwebewerber sondern als Teile einer Gruppe und ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass daraus auch bereits sehr gute Verbindungen entstanden sind. __Wir danken für das Gespräch!__