2021-10-27T08:38:08+0000

„Der Blick auf den gesamten Schadenprozess ist entscheidend“

Im Exklusiv-Interview mit schaden.news spricht riparo-Geschäftsführer Jürgen Schmidt über Erfolgsfaktoren in der Schadensteuerung, was riparo tatsächlich anders macht und wie der Schadenmanager mit Betrieben umgeht, die jetzt aufgrund der Kostenexplosion ihre Stundensätze erhöhen wollen. ___Herr Schmidt, riparo ist im November seit fünf Jahren als Schadensteuerer in der Branche unterwegs. Wo stehen Sie?___ __Jürgen Schmidt:__ Wir hatten in diesen fünf Jahren eine sehr gute Entwicklung. Gestartet sind wir mit 3 Kunden. Heute steuern wir für mehr als 20 Kunden Reparaturfälle in unser Werkstattnetz mit knapp über 1.000 Werkstattpartnern. ___Was machen Sie anders als andere Schadensteuerer?___ __Jürgen Schmidt:__ Wir können nicht sagen, was wir „anders als andere“ machen, weil wir das nicht wissen. Aber wir können sagen, was wir machen, damit nicht nur unsere Kunden, sondern auch unsere Werkstattpartner zufrieden mit der Zusammenarbeit sind. ___Was meinen Sie damit konkret?___ __Jürgen Schmidt:__ Zum einen dürften sogenannte weiche Faktoren eine Rolle spielen. Wie zum Beispiel eine telefonische Erreichbarkeit von 99 Prozent, ein jederzeit anständiger Umgang miteinander oder auch unsere sehr große Hilfsbereitschaft. Harte Faktoren für die Bewertung der Zusammenarbeit dürften sein, dass wir nicht in den Betrieb der Werkstattpartner eingreifen. Das heißt, unsere Werkstattpartner sind völlig frei in ihrer Entscheidung, wo sie Ersatzteile kaufen, Ersatzfahrzeuge leasen oder ihre Werkstattausrüstung kaufen. Auch die Tatsache, dass wir alle Kostenvoranschläge mit eigenen Mitarbeitern prüfen, übrigens alle mit Meisterbrief, und gegebenenfalls auf Augenhöhe mit dem Werkstattpartner diskutieren, kommt bei den Werkstattpartnern gut an. ___Derzeit steigt der Kostendruck bei den Partnerwerkstätten enorm. Wie gehen Sie damit um, wenn Betriebe jetzt zu Ihnen kommen und die Stundensätze erhöhen wollen?___ __Jürgen Schmidt:__ Wir wissen um das Problem. Vor allem die steigenden Energiekosten werden den Betrieben in naher Zukunft zu schaffen machen. Trotzdem werden wir keine pauschalen Stundensatz-Erhöhungsaktionen machen. Der Stundenverrechnungssatz ist mit jedem Betrieb individuell verhandelt und entwickelte sich im Lauf der Jahre bei jedem Betrieb unterschiedlich. Wir sprechen mit jedem unserer Werkstattpartner regelmäßig über seine individuelle Situation. In die Betrachtung fließt auch mit ein, wie sich die Stundensätze in der Region entwickelt haben. ___Also lehnen Sie die Erhöhung von Stundensätzen nicht grundsätzlich ab?___ __Jürgen Schmidt:__ riparo ist nicht alleine am Markt unterwegs. Wir beobachten die Entwicklungen sehr genau. Wenn die Branchenriesen HUK-Coburg und Allianz die Stundensätze für Partnerbetriebe erhöhen, dann dauert es nicht lange, bis die Telefone auch bei riparo klingeln. Wir können uns der Marktentwicklung nicht entziehen. Und ganz nebenbei, wir wollen uns dem Thema auch gar nicht entziehen. Eine Erwartung, dass sich Preise über viele Jahre nicht verändern, ist völlig unrealistisch. Zudem greift die nie endende Stundensatzdebatte unseres Erachtens viel zu kurz. ___Wie meinen Sie das?___ __Jürgen Schmidt:__ Die wirtschaftliche Betrachtung des Nutzens der Reparatursteuerung lässt sich nicht an den Stundenverrechnungssätzen festmachen. Es gibt mehrere
Faktoren, die sich auf das Ergebnis auswirken. Und das Ergebnis, auf das es ankommt, sind die durchschnittlichen Reparaturkosten. Es nutzt nichts, wenn ein Betrieb relativ niedrige Stundensätze hat und trotzdem die höchsten durchschnittlichen Reparaturkosten in der Region produziert. Weil er zum Beispiel regelmäßig den unwirtschaftlicheren Reparaturweg wählt. ___Stichwort richten statt erneuern…___ __Jürgen Schmidt:__ Genau. Eine geringere Ersatzteilquote und höhere Instandsetzungsquote reduzieren die durchschnittlichen Reparaturkosten. Auch deshalb prüfen wir alle Kostenvoranschläge mit Menschen, die etwas davon verstehen. Das schöne ist, die geringeren durchschnittlichen Reparaturkosten gehen nicht zu Lasten der Werkstattpartner, weil diese beim Richten mehr Arbeitsstunden verkaufen können. Hier sollte man nur nicht den Fehler machen, die Werkstattpartner regelmäßig von zum Beispiel sechs Stunden Richtzeit auf drei Stunden Richtzeit „runter zu verhandeln“. Das rächt sich auf Dauer. Ein anderes Thema, das die Branche derzeit bewegt ist das Caravan-Geschäft. Wir haben darüber vor zwei Wochen in unserer Web-TV Sendung diskutiert. Auch riparo war hier aktiv und hat ein eigenes Netz aufgebaut. ___Warum?___ __Jürgen Schmidt:__ Weil wir von einigen unserer Kunden gebeten wurden, hier eine Lösung zu bieten. Das Potenzial dieser Kunden in Sachen Steuerung scheint so gering zu sein, dass sie hierfür keinen weiteren Dienstleister einbinden wollen. Knapp 100 unserer Werkstattpartner sind für Caravan oder Camper ausreichend ausgerüstet, qualifiziert und zertifiziert. Um es gleich zu sagen: der Stundensatz entspricht nicht dem Stundensatz für das PKW-Geschäft. ___Denken Sie in der Steuerung von Caravan-Schäden liegt Potenzial?___ __Jürgen Schmidt:__ Eher weniger. Bis jetzt hatten wir circa 20 Reparaturvermittlungen. Das Potenzial scheint sehr überschaubar. Anders sieht es beim Thema Autoglas aus. Hier werden wir noch dieses Jahr mit 600 Werkstattpartnern als „Glasnetz“ an den Start gehen. ___Was wollen Sie mit dem Netz für Autoglas erreichen?___ __Jürgen Schmidt:__ Gefühlt wird der Markt der Anbieter im Autoglasgeschäft immer kleiner. Wir wollen den Kfz-Versicherern eine Alternative bieten und das Geschäft zurück in die K+L Betriebe holen. Entscheidend für den Erfolg wird die Reparaturquote sein. Die Werkstattpartner haben es also selbst in der Hand. ___Die Digitalisierung wird gerade die Schadenregulierung in den nächsten Jahren tiefgreifend verändern. Wie stellt sich riparo bei diesem Zukunftsthema auf?___ __Jürgen Schmidt:__ Tiefgreifend verändern dürfte die falsche Bezeichnung sein. Das Kernprodukt der Reparatursteuerung „Fachgerechte Reparatur zu guten Konditionen mit ausgezeichneten Serviceleistungen“ wird sich wohl nicht verändern. Mittels Digitalisierung soll zum eigentlichen Kernprodukt ein Zusatznutzen für Versicherer und deren Kunden geschaffen werden. So lässt sich unter anderem die Kommunikation zwischen den Beteiligten beschleunigen und transparenter darstellen. ___Was unternimmt riparo konkret, um durch Digitalisierung Zusatznutzen zu schaffen?___ __Jürgen Schmidt:__ Mit riparo haben wir uns für einen Mix aus eigenen Lösungen, zum
Beispiel Fall-Tracking oder elektronische Kundenzufriedenheitsbefragung, und externen Lösungen entschieden. Extern arbeiten wir gerade mit den Anbietern Repairfix und Digitales Autohaus an Lösungen für unsere Versicherer und deren Kunden. Da auch die HUK Coburg auf eine Kooperation mit dem Anbieter Digitales Autohaus setzt, gehen wir von einer baldigen hohen Akzeptanz am Markt aus. ___Vielen Dank für unser Interview.___