2021-05-19T11:21:38+0000

CARTV: Versicherer steigen in aktives Totalschadenmanagement ein

Rund 250 Teilnehmer verfolgten vergangene Woche (11.5.) das jährliche Forum der Restwertbörse CARTV, welches erstmals aufgrund der Pandemie live im Web übertragen wurde. Im Fokus der digitalen Premiere stand die Totalschadenregulierung, die die Restwertbörse in Zukunft nach eigenen Angaben „deutlich effizienter“ gestalten will. Hierfür hat das Unternehmen den sogenannten CARTV all-in-WBW-Service entwickelt. ## Neuer Prozess für Totalschadenregulierung Wie der Service konkret funktioniert, das erklärte Sales Director Andreas Reiter während der Live-Veranstaltung, an der auch schaden.news teilnahm. Bisher sehe die heutige Totalschadenregulierung wie folgt aus: „Das beginnt mit der Besichtigung durch eigene oder Partner-Sachverständige bzw. freie Sachverständige im KH-Schaden, es geht weiter mit der Kalkulation und in der dritten Stufe erfolgt die Abrechnung. Am Ende bleibt der Kunde, welcher sich selbst um die Vermarktung seines Fahrzeuges kümmert“, so Andreas Reiter. Für den Laien sei das nicht selten mit viel Aufwand verbunden. CARTV hat diesen Prozess in ein aktives Totalschadenmanagement überführt und kooperiert hierfür bereits mit einigen Versicherungsunternehmen. Wie der Ablauf genau aussieht, schilderte Andreas Reiter während der Übertragung: „In einer ersten Phase findet die Begutachtung durch den Sachverständigen statt, danach die Errechnung des Wiederbeschaffungswertes, des Restwertes und der Schadenhöhe, idealerweise über einen CARTV Check und das Angebot zur Wiederbeschaffungswertregulierung durch den Sachbearbeiter oder den Sachverständigen. In einer zweiten Phase findet dann der Erstkontakt zwischen dem Fahrzeugeigentümer mit CARTV statt, in der dritten Phase dann die Wiederbeschaffungswertregulierung durch das Versicherungsunternehmen. In der vierten Phase folgt die Neueinstellung über eine Onlineversteigerung, welche den Restwert erhöht und die Vermittlung des Fahrzeugs an den Höchstbietenden. Und wir stellen sicher, dass die Fahrzeugabholung vernünftig und in Time funktioniert.“ ## „Quote der Totalschadenabrechnung steigern“ Insgesamt dauere der gesamte Abwicklungsprozess „nicht länger als fünf Tage“, betonte Andreas Reiter. Neben der beschleunigten Schadenregulierung für den Endkunden bringe diese Regulierungsform vor allem „Mehrwerte“ für die Versicherer mit sich, wie der Sales Director ausführte: „Durch den neuen Prozess lässt sich die Quote der Totalschadenabrechnungen steigern“, resümierte er gleich zuvorderst. Zudem ließen sich die Kosten für Ersatzfahrzeuge oder Nutzungsausfall reduzieren. All das führe in Summe zu weniger zu leistenden Schadenkosten. ## „Logische Ergänzung des aktiven Schadenmanagements“ Zwei Versicherungen, die den CARTV-Prozess bereits nutzen, sind die VHV sowie die HUK-Coburg. Warum, das erklärten Thomas Geck, Leiter Schadenprozessmanagement der HUK-Coburg, und Friedrich von Wrede, Abteilungsleiter Kraftfahrt Schaden bei der VHV, in einer anschließenden Talkrunde mit Bernd Grüninger, Bereichsleiter Gutachten und Mitglied der Geschäftsleitung bei der DEKRA Automobil GmbH, und Thomas Böhm, Geschäftsführer bei CARTV. Thomas Geck – der live aus Coburg zugeschaltet war –
betonte, es sei eine „logische Ergänzung, dass wir unseren Kunden auch im Totalschadenfall unterstützen und die Arbeit abnehmen.“ Friedrich von Wrede von der VHV bestätigte, dass vor allem das Argument der schnellen Regulierung bei den Kunden ausschlaggebend sei. Insbesondere bei Fällen, bei denen die Reparaturkosten im Verhältnis zum Wiederbeschaffungswert bei 50 bis 100 Prozent liegen und die die VHV „besonders teuer zu stehen kommen“, könnte durch den CARTV-Prozess besser im Sinne eines Totalschadens argumentiert werden. Bernd Grüninger von der Sachverständigenorganisation DEKRA hielt entgegen, dass es dennoch möglich sein muss und wichtig ist, „dass wir die Restwerte, die wir in unserem Gutachten ausweisen, gemäß der aktuellen Rechtsprechung ermitteln und aufnehmen können, weil wir davon ausgehen müssen, dass nicht jeder sein Auto veräußern möchte.“ ## Sinken die Vermittlungen weiter? Doch was bedeutet diese Entwicklung nun konkret für Werkstätten? Beim CARTV Forum standen vor allem die Interessen der Kfz-Versicherungswirtschaft im Mittelpunkt, die offenbar den Anteil von Totalschäden schneller in die Abrechnung bringen will. Für die Werkstätten dürfte das bedeuten: Der Anteil reparierbarer Unfallschäden könnte weiter sinken. Nach den pandemiebedingten Auftragseinbrüchen könnte das aktive Totalschadenmanagement nun zusätzlich dafür sorgen, dass weniger Reparaturvolumen in Partnerwerkstätten gesteuert wird. Vor allem Unfallschäden, die sich im Grenzwert befinden oder bisher dank der 130-Prozent-Regelung hätten repariert werden können, stehen hier offenbar im Blickfeld der Kfz-Versicherer. Welche Auswirkungen die Entwicklung bei CARTV tatsächlich hat, hängt im Wesentlichen davon ab, wie viele Kfz-Versicherer den neuen Regulierungsweg der Restwertbörse nutzen werden.
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