2021-03-10T13:55:30+0000

Schadenrecht: Schwacke-Automietpreisspiegel auch für Werkstattersatzwagen bestätigt

Wenn ein Unfallgeschädigter sich im Haftpflichtfall für die Reparaturdauer einen Mietwagen nimmt, hat der gegnerische Versicherer die dafür anfallenden Kosten zu erstatten. Bei der Höhe der Kosten kommt es indes häufig zu Streit, da über die Art der Ermittlung Uneinigkeit herrscht. So war es auch in dem hier zugrunde liegenden Fall des Landgerichts Baden-Baden (Az. 3 S 23/20 v. 14.01.2021). ## Müssen Werkstattersatzfahrzeuge günstiger sein? Dr. Wolf-Henning Hammer, Rechtsanwalt der ETL Kanzlei Voigt, erklärt warum: „Wenn sich ein Fahrzeug unfallbedingt in der Reparatur befindet, wird das Ersatzfahrzeug nicht immer bei einem gewerblichen Autovermieter, sondern mitunter direkt bei der Autowerkstatt angemietet. Versicherer meinen dann oftmals, Werkstattersatzwagen müssten günstiger sein als Mietfahrzeuge. Eine überzeugende und stichhaltige Begründung liefern sie dabei nicht.“ Wie der Rechtsanwalt erläutert, werden die Fahrzeuge in beiden Konstellationen gewerbsmäßig vermietet und unterliegen damit nicht nur strengeren HU-Regeln, sondern sind auch entsprechend risikoadäquat speziell zu versichern. Beides führt zu höheren Kosten. ## Der aktuelle Fall und die Begründung Auch in dem entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob der für die Kostenberechnung eines Mietwagens verwendete Schwacke-Mietpreisspiegel auch für Werkstattersatzfahrzeuge tauglich ist. Erwähnenswert ist das Urteil laut dem Rechtsexperten schon deshalb, weil die Kammer feststellt: „Die Art der Schätzgrundlage ist durch § 287 ZPO nicht vorgegeben. Sofern entsprechende Listen existieren, steht es dem Richter frei, diese seiner Schätzung zu Grunde zu legen. Dabei steht es dem Tatrichter im Rahmen seines Ermessens frei von mehreren Listen eine auszuwählen. Das Zugrundelegen der „Schwacke-Liste“ ist dabei keinesfalls fehlerhaft.“ Weiter heißt es: „Es kann im Übrigen keine Rolle spielen, ob das KFZ über das Autohaus, die Werkstatt oder über eine reine Autovermietung angemietet wurde. Alle aufgezählten Vertragspartner haben gemeinsam, dass sie gewerblich am Markt agieren und ihren Kunden als Unternehmer gegenüberstehen.“ Dr. Wolf-Henning Hammer erklärt, was das konkret bedeutet: „Aus Sicht des Geschädigten ist es irrelevant, ob er das Fahrzeug von einem gewerblichen Autovermieter oder einem privaten Vertragspartner anmietet. Und da es keinen ‚besonderen Markt nur für Werkstattersatzfahrzeuge‘ gibt, spricht auch nichts gegen die Ermittlung der Konditionen anhand der Schwacke-Liste.“ ## „Zwischen den Zeilen lesen“ Die Aussage zur Anwendbarkeit der Schwacke-Liste sei als solche unspektakulär, betont der Experte, zumal sie nichts daran ändere, dass verschiedene Methoden für die Ermittlung der Höhe der Mietwagenkosten existieren. Ein universell gültiger Tipp zu der am besten geeigneten Grundlage – neben Schwacke existieren noch die Fraunhofer Liste und die sogenannte „Fracke“-Methode, die sich aus der Bildung des arithmetischen Mittels beider Listen ergibt – sei auch nach diesem Urteil nicht möglich. Die Feststellung, dass ein Geschädigter nicht gehalten ist, „vor der Anmietung zu
überprüfen, ob das KFZ korrekt versichert und angemeldet ist.“ lässt jedoch aufhorchen. „Wer zwischen den Zeilen liest darf vermuten, dass dies offenbar nicht immer der Fall ist“, betont Dr. Wolf-Henning Hammer. ## Das rät der Rechtsanwalt „Abschließend sei daher nochmals nachdrücklich darauf hingewiesen“, so Dr. Wolf-Henning Hammer, „dass Werkstätten, die ihren Kunden während der Reparaturdauer eigene Fahrzeuge vermieten, diese auch als Selbstfahrervermietfahrzeuge zugelassen (§ 13 Abs. 2 S. 4 Nr. 2 FZV i.V.m. § 6 Abs. 4 Nr. 1 FZV) und entsprechend versichert haben müssen. Wer dies unterlässt, verschafft sich gegenüber gewerblichen Autovermietern nicht nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern läuft auch Gefahr, wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens i.S. des § 4 Nr. 11 UWG abgemahnt zu werden. Die Gerichte sehen darin auch keine Bagatelle mehr und ahnden es entsprechend.“
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