2021-02-10T17:21:42+0000

1. Automotive Online Forum: „Quotenvorrecht nutzen, um Erträge zu steigern“

Wie hoch aktuell der Bedarf nach Rechtstipps im Umgang mit den Kürzungspraktiken der Versicherer ist, zeigte sich gestern einmal mehr beim 1. Automotive Online Forum der ETL Kanzlei Voigt. Aufgrund der Pandemie verlagerte die auf Verkehrsrecht spezialisierte Kanzlei ihr traditionelles Automotive Forum kurzerhand ins Web. Über 650 Teilnehmer verfolgten live die Vorträge von Key-Account Managerin Jasmin Moughrabi sowie den Rechtsanwälten Jörg H. Rüberg und Henning Hamann zu den Themen Regressforderungen, Kundentypen und Quotenvorrecht. Moderiert wurde die Veranstaltung von Vertriebsleiter Timm Diesbach. ## „Regressforderungen nicht aktiv vermeidbar“ Zum Auftakt standen die seit gut zwei Jahren zunehmenden Regressforderungen von Versicherern im Fokus. Denn immer häufiger versucht die gegnerische Haftpflichtversicherung im Nachgang der Regulierung die Werkstatt in Regress zu nehmen. Dies könnten Autohäuser und Werkstätten zwar nicht verhindern, betonte Jörg H. Rüberg, Fachanwalt für Verkehrsrecht, „aber Sie können Ihre Siegeschancen im Vorfeld erhöhen.“ ## „Mit Kostenvoranschlag stehen Sie auf verlorenem Posten“ Wie? Das erklärte der Experte ausführlich. Dabei betonte er, dass es sich in diesen Fällen nicht mehr um Haftpflichtrecht, sondern um Werkvertragsrecht handele. „Das heißt, die Vergütung bemisst sich nach der Erforderlichkeit der Arbeiten, der angemessenen Durchführung und der Ortsüblichkeit der Preise“, so Jörg H. Rüberg. Eben da versuchen die Versicherungsgesellschaften mit der Vorlage von Prüfberichten anzusetzen. Die Prüfberichte seien aber „stumpfe Schwerter“ solange die Werkstätten im Reparaturauftrag ausdrücklich auf ein sachverständiges Gutachten Bezug nehmen. Dabei warnte er ausdrücklich: „Bitte reparieren Sie nicht auf Basis eines Kostenvoranschlags, damit stehen Sie auf verlorenem Posten.“ Wird nach Gutachten repariert, so der Experte, stünden auch von Versicherern gern angemahnte Posten wie „Reparaturweg“, „Verbringungskosten“ oder „Probefahrten“ nicht zur Debatte. Abschließend betont er: „Wenn die Versicherer merken, dass mit Regressforderungen nichts zu holen ist, wird das auch wieder nachlassen, weil es ein höchst defizitäres Geschäft für Versicherungsunternehmen ist.“ ## „99 Prozent aller Quotenfälle werden falsch abgerechnet“ Nicht defizitär, sondern im Gegenteil sogar ertragssteigernd ist hingegen das sogenannte Quotenvorrecht, über das Henning Hamann, Geschäftsführer der ETL Kanzlei Voigt im Online Forum sprach. Gemeint ist „eine kombinierte Inanspruchnahme der gegnerischen Haftpflichtversicherung und der eigenen Kaskoversicherung“, die immer dann zur Anwendung kommen könne, wenn beide Unfallbeteiligten für den Schaden haftend
gemacht werden können. „15 Prozent aller Unfälle in Deutschland sind Quotenfälle. Jedoch – sind wir uns sicher – werden 99 Prozent dieser Quotenfälle nicht als solche, also falsch abgerechnet“, betonte der Rechtsanwalt. ## Rechenbeispiel Doch wie funktioniert das Quotenvorrecht? Henning Hamann verdeutlichte dies an einem Rechenbeispiel: Bei einer Schadensumme von 5.000 Euro mit einer Selbstbeteiligung von 500 Euro, zuzüglich Gutachterkosten, Wertminderung und Mietwagenkosten von je 500 Euro sowie Nebenkosten in Höhe von 25 Euro ergibt sich eine Gesamtschadensumme von 6.525 Euro. Im Falle einer Abrechnung über die Vollkaskoversicherung bekomme der Kunde, laut Rechtsanwalt, rund zwei Drittel dieser Summe, nämlich 4.500 Euro ersetzt. Bei der Abrechnung über die gegnerische Haftpflicht sogar nur die Hälfte. „Das Quotenvorrecht aber ermöglicht eine Gesamterstattung von 96 Prozent, denn jeder Versicherer kommt anteilig für den entstandenen Schaden auf - die Vollkaskoversicherung sogar für Ansprüche, die eigentlich gar nicht versichert sind, wie zB. die Wertminderung oder die Sachverständigenkosten“, erklärt der Rechtsexperte. Quotenschäden seien, so Henning Hamann weiter, dabei auch für die Versicherer von Vorteil, die bei der 50:50-Regelung ebenfalls Ertrag einsparen würden. ## „Nutzen Sie das Quotenvorrecht und steigern Sie ihre Erlöse“ Zum Abschluss appellierte der Kanzleichef noch einmal an alle Teilnehmer: „Nutzen Sie die Möglichkeit der kombinierten Abrechnung, um – gerade in der Pandemie – Umsätze zu generieren.“ Und dabei gab er Betrieben und Autohäusern, die durch den coronabedingten Lockdown unter Umsatzeinbußen leiden, noch einen wertvollen Tipp: „Wenn Sie innerhalb der letzten Jahre Kaskoschäden abgerechnet haben, können Sie diese rückwirkend als Quotenschäden beim Haftpflichtversicherer nachberechnen.“ ## Wie geht man mit verschiedenen Kundentypen um? Neben harten Fakten und Paragraphen ging es in der Premierenveranstaltung aber auch um soziale – und nicht weniger wichtige – Aspekte. Jasmin Moughrabi gab in 20 Minuten einen Einblick in verschiedene Kundentypen und verriet, wie Autohäuser und Werkstätten diesen begegnen können, um auch „unliebsame Kunden“ langfristig an sich zu binden. ## Nächste Veranstaltung im April geplant Dass die Teilnehmer aufmerksam zugehört haben, zeigte sich im Anschluss auch an den vielen Fragen, die Moderator Timm Diesbach an die Referenten weitergab und die aus zeitlichen Gründen nicht alle live beantwortet werden konnten ___(einige Fragen und Antworten lesen Sie im Infokasten links)___. In Summe freuten sich die Referenten über eine gelungene Premiere. Übrigens: Der Termin für die zweite Online-Veranstaltung steht bereits fest, diese wird am 15. April live im Web stattfinden.
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