2021-01-13T11:34:45+0000

Preiserhöhung nach Gutachten: Kann der Versicherer Rückforderungen stellen?

Der Wegfall der Mehrwertsteuervergünstigung hat über den Jahreswechsel nicht nur bei Ersatzteilen für Preiserhöhungen gesorgt, sondern auch dazu geführt, dass die Schätzwerte in Gutachten drei Prozent zu niedrig angesetzt sind. „Gerade bei Reparaturen, deren Gutachten noch vor dem Jahreswechsel erstellt wurden, ist dies nicht unüblich“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Wolf-Henning Hammer von der ETL Kanzlei Voigt. ## Häufiger Streitpunkt trotz eindeutiger Rechtslage Gleichwohl die Rechtslage klar sei, könne es bei Abweichungen zwischen Gutachten und Reparaturrechnung „angesichts des Regulierungsverhaltens mancher Versicherer zu Streit darüber kommen, welche Werte für die Schadensbemessung relevant sind und wer gegebenenfalls für zusätzliche Kosten aufkommt“, weiß der Dortmunder Rechtsexperte aus Erfahrung. So wäre es inzwischen Praxis, dass Versicherer dem Geschädigten in der Vergangenheit die Differenz erstattet haben, jedoch anschließend versuchten die Werkstatt in Regress zu nehmen, erklärt Dr. Wolf-Henning Hammer. Dieses Verhalten könne, so der Rechtsanwalt weiter, indes nur als „rechtwidrig“ bezeichnet werden. „Es ist zwar begrüßenswert, wenn das Unfallopfer vollständig entschädigt wird und der Versicherer nicht versucht sich mit ‚Prüfberichten‘ und auf dem Rücken des Unfallopfers um die vollständige Erfüllung seiner Pflichten zu drücken. Wenn er aber anschließend - unter Verkennung der Rechtslage und der obergerichtlichen Rechtsprechung – versucht, sich einen Teil der geschuldeten Ersatzleistung bei der Werkstatt wiederzuholen, ist das mindestens als bedenklich zu bezeichnen“, so der Experte. ## Der Zeitpunkt der Entschädigung ist entscheidend Wie der Dortmunder Rechtsanwalt erläutert, hat der Bundesgerichtshof bereits vor nahezu einem Jahr 2020 (Urteil vom 18.02.2020, Az. VI ZR 115/19) klargestellt, dass es bei der Bemessung der Entschädigung nicht auf den Zeitpunkt des Unfalls, sondern darauf ankommt, wann das Unfallopfer diese erhält. „Hat sich der Unfall z.B. 2020 ereignet und weist das Gutachten die reduzierte Umsatzsteuer aus, findet die Reparatur oder die klarstellende Gerichtsverhandlung aber erst in 2021 statt, dann muss der Versicherer nicht 16%, sondern 19% Umsatzsteuer bezahlen. Sollte es bis zum Abschluss der Sache zu Preiserhöhungen kommen, muss der Schädiger – beziehungsweise der entschädigungspflichtige Versicherer – auch diese tragen.“
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