2020-04-22T12:47:58+0000

Corona-Krise: Konsolidierung im Schadenmarkt

Es ist derzeit eher eine unübersichtliche Lage in der Corona-Krise. Mancherorts scheint die Auslastung der Karosserie- und Lackierbetriebe noch relativ gut zu sein, viele Partnerwerkstätten in der Schadensteuerung müssen jedoch nach wie vor deutliche Rückgänge des Reparaturvolumens verkraften. Im wöchentlichen Gespräch der Redaktion mit dem Vorstandsvorsitzenden von Innovation Group zeigte sich eine leichte Verbesserung der Situation bei vermittelten Reparaturaufträgen. „Im Vergleich zum Referenztag, den 9. März, dem letzten Montag vor dem Shutdown in Deutschland, ist unser gesteuertes Reparaturvolumen für Kfz-Versicherer um 28 Prozent zurückgegangen“, erklärte Matthew Whittall gegenüber schaden.news. [Dies ist eine leichte Verbesserung um sechs Prozentpunkte im Vergleich zur Vorwoche.](https://www.schaden.news/de/article/link/41620/corona-so-ist-die-lage-nach-ostern) „Der Rückgang ist dabei in Kraftfahrthaftpflicht stärker als in Kasko.“ ## Wer überlebt die Krise? Auch das Bild der aktuellen Lage bei den Bestellungen von Ersatzteilen ist uneinheitlich. Während Matthew Whittall im Geschäft von Innovation Group Parts zwar einen Rückgang, aber keinen Einbruch verzeichnet, sieht KSR-Geschäftsführer Peter Ringhut, der auch Partner beim Ersatzteilversorger Partslift ist, eine eher volatile Entwicklung. „Wir verzeichnen bei Partslift in den letzten Wochen ein ständiges Hoch und Runter bei den Bestellungen. Insgesamt ist das Geschäft mit Karosserie- und Lackierbetrieben bis jetzt um 15 bis 20 Prozent zurückgegangen.“ Der Branchenkenner Peter Ringhut rechnet grundsätzlich mit einer starken Konsolidierung im Schadenmarkt – noch während oder direkt nach der Corona-Krise. [Diese Einschätzung teilen auch führende Lackhersteller, die sich auf Anfrage von schaden.news erstmals branchenöffentlich zu den Auswirkungen der Pandemie äußern.](http://) Eine der zentralen Fragen, die sich immer mehr Entscheider in diesen Tagen stellen: Wer überlebt die Krise? Die Meinung gehen dabei kaum auseinander. Vor allem K&L-Betriebe, deren Inhaber den Ruhestand schon im Blick haben, die jedoch gezwungen sind in der Corona-Krise Kredite aufzunehmen, um die Geschäfte am Laufen zu halten, könnten aufgeben. Auch Unternehmen, die schon vor der Pandemie wirtschaftlich angeschlagen waren, seien gefährdet. ## Individualverkehr wird steigen Spricht man mit Peter Ringhut über die Zeit nach der Krise, so klingt der KSR-Chef recht zuversichtlich. „Die Pandemie und die Sorge vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus lässt den Individualverkehr, also das Autofahren nach der Krise, deutlich ansteigen“, zeigte sich Peter Ringhut im Gespräch mit schaden.news überzeugt. „Damit steigt auch das Schadenaufkommen wieder deutlich. Wir rechnen zudem damit, dass die Nachhaltigkeit und damit die Nachfrage von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben wächst, da das Coronavirus uns klare Grenzen aufgezeigt hat.“ In der Befragung der Lackhersteller schätzen Benjamin Burkard (Akzo Nobel), Tobias Brefeld (BASF) und Jochen Kleemann (PPG Nexa Autocolor) die Nachkrisenzeit ähnlich ein. Sicher sei auch, dass die Digitalisierung der Schadenbranche nach der Corona-Krise schnell weiter voranschreite. ## Kritik an Ankündigung von Rückzahlungen an Versicherungsnehmer Für Unverständnis sorgt in der Schadenbranche derzeit die Ankündigung der Kfz-Versicherer HUK-Coburg und Allianz, dass etwaige Kosteneinsparungen durch ein geringeres Schadenaufkommen den Kunden zugutekommen sollen. Der Vorstandsvorsitzende der HUK-Coburg hatte vergangene Woche (16. April) angekündigt,
die Assekuranz verzeichne „aufgrund der Ausgangsbeschränkungen und zurückgehendem Verkehr durch die Corona-Krise aktuell deutlich weniger Schadenfälle in der Kfz-Versicherung“. Wie hoch der Rückgang derzeit genau ausfällt, konnten die Coburger auf mehrfache Anfrage von schaden.news nicht mitteilen. Klaus-Jürgen Heitmann stellte aber dennoch in Aussicht: „Das Versprechen, dass wir unsere Mitglieder und Kunden finanziell an einer möglichen Kostenersparnis teilhaben lassen, die uns als Unternehmen durch weniger Schäden entsteht, geben wir aber bereits jetzt.“ Diese Ankündigung stößt nun bei dem Bundesverband der Partnerwerkstätten (BVdP) auf Kritik. Reinhard Beyer betonte gegenüber schaden.news: „Im Gespräch mit dem BVdP wurde beteuert, wie schlecht es den Versicherungen in der Krise gehe, vor allem aufgrund der hohen Kosten aus der Betriebsunterbrechnungsversicherung. Darüber hinaus wurde uns mitgeteilt, dass es nicht richtig sei, dass man in Kraftfahrt immense Kosten einspart.“ Der Bundesverband hatte bisher erfolglos versucht, HUK-Coburg und andere Kfz-Versicherer sowie Schadensteuerer davon zu überzeugen, dass Unfallschadenreparaturen während der Corona-Krise zum DEKRA-Stundensatz abgerechnet werden. Für den BVdP passen die Ankündigungen der HUK-Coburg und die Reaktion gegenüber dem Verband nicht zusammen. [Nun hat der Branchenverband eine Kostenstudie vorgelegt, in der deutlich wird, wie groß der wirtschaftliche Schaden durch die Corona-Krise in den Betrieben tatsächlich ist.](https://schaden.news/de/article/link/41639/corona-kostenstudie-bvdp-2020) ## „Am Ende kein Euro mehr in der Tasche“ Reinhard Beyer kritisiert zudem bisherige Maßnahmen wie den Reparaturkostenvorschuss: „Nun schreibt man sich öffentlich auf die Fahne, der Retter der Partnerwerkstätten zu sein, da man Geld, das der Werkstatt ohnehin zusteht, bereits fünf Tage vorher zur Hälfte auszahlt. Am Ende ist kein Euro mehr in der Tasche der Betriebe, lediglich fünf Tage früher.“ Die Frage sei, wer im nächsten Jahr die „gewonnenen Neuverträge“ der Kfz-Versicherer reparieren würde? „Schon vor der Corona-Krise haben die Partnerwerkstätten mit ihrer handwerklichen Arbeit kaum Geld verdient und die Investitionsfähigkeit war gering“, unterstreicht der Vorstandsvorsitzende. „Die Erwartungshaltung an die Partnerwerkstätten ist sehr hoch in Bezug auf Digitalisierung und Assistenzsysteme, beides ist für die Werkstätten mit hohen Investitionen verbunden. Wir sind sehr gespannt, wie viele Betriebe es im nächsten Jahr noch gibt, die bereit und Willens sind, in die Versprechungen der Versicherungen noch ihr gutes Geld zu investieren.“
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