2020-02-26T13:53:20+0000
___Gerade haben Sie den ZKF-Branchenbericht veröffentlicht. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Ergebnisse?___ __Thomas Aukamm:__ Die Fachbetriebe der Instandsetzung erzielten zwar mehr Umsatz, aber gleichzeitig auch ein sinkendes operatives Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen (EBITDA) gegenüber dem Vorjahr von 3,7 % – trotz leicht gestiegener Betriebsleistung pro produktiv Beschäftigtem. ___Was schließen Sie daraus?___ __Thomas Aukamm:__ Die Betriebe arbeiten mehr und weniger bleibt hängen! Eine schlimme Entwicklung, deren Ursache in der Schadenslenkung durch die Versicherer liegt, deren Umsatzversprechen sich viele Betriebe mit deutlichen Preiszugeständnissen, verbunden mit einer geringeren Rendite erkauft haben. In der Karosserie-Instandsetzung und Lackierung sorgte die Schadenslenkung dafür, dass sich wegen des erhöhten administrativen Aufwands nicht nur die Anzahl der unproduktiven Mitarbeiter erhöhte, sondern sich auch die Gesamtanzahl der Mitarbeiter in den K+L-Betrieben um 10,3 Prozent steigerte. Insgesamt betrachtet erhöhten sich die Kosten für die Unternehmen, was zu sinkenden Ergebnissen führte. Hier müssen die Stundenverrechnungssätze unbedingt steigen. Zudem sind die Betriebe gezwungen, auf der Suche nach entsprechenden Fachkräften ihren Mitarbeitern höhere Löhne und geldwerte Zusatzleistungen zu bieten. ___Sie haben festgestellt: Das Ende der Fahnenstange ist erreicht, wie meinen Sie das?___ __Thomas Aukamm: __Die Liste der negativen Auswirkungen auf die Betriebe ist lang und wird immer länger. Niedrige und nicht kostendeckende Verrechnungsstundensätze, mehr administrativer Aufwand, Einfluss der Versicherer auf einzelnen Positionen auf der Rechnung, ob erforderlich oder nicht, teure notwendige Investitionen in neue Ausrüstung und der Fachkräftemangel bei steigenden Lohnkosten sowie insgesamt eine immer geringer werdende Rendite der Betriebe sind nur einige von vielen Gründen, weshalb die Fahne der Versicherer und Schadensteurer auf der Fahnenstange der Karosseriebetriebe an ihrem Ende angekommen ist. Wir können anhand des Branchenberichts nachweisen, dass viele Betriebsinhaber Ihre Werkstätten mit eigenem Vermögen und Besitz unterstützen müssen, um überleben zu können. Dies kann nicht mehr lange gut gehen und führt schon jetzt zu Reduzierung der Reparaturkapazitäten. ___Was leitet sich daraus für den Zentralverband ab? Was müssen die Betriebe jetzt unternehmen?___ __Thomas Aukamm:__ Wir empfehlen den Betrieben, betriebswirtschaftlich genau zu analysieren, mit welchem Stundensatz sie bei welchem Schadensteurer oder Versicherer je nach dessen Konditionen noch auskömmlich arbeiten können. Hierzu gibt es zahlreiche EDV-Tools, um dies verlässlich herausfinden zu können. Umsatz ist kein Gewinn! Was nützt mir ein Vertrag mit einem Schadensteurer, der letztlich nur Verlust beschert und die Werkstatt mit jeder Reparatur eigentlich nur Geld verliert.
___Die Berechnung der tatsächlichen Arbeitszeitwerte und vor allem der administrative Aufwand ist auch Gegenstand der Chronos Studie. Wie sehen hier die Erkenntnisse aus?___ __Thomas Aukamm:__ Die Ergebnisse bestätigen unsere Vermutung, dass der administrative Aufwand erheblich ist und bisher als Kostenfaktor nicht in diesem Umfang berücksichtigt wurde, zumal dieser Aufwand sich in den letzten Jahren erst so in dieser Deutlichkeit bemerkbar gemacht hat. Eine weitere Erkenntnis ist, dass in viel zu vielen Fällen die in Rechnung gestellten Arbeitswerte genau denen des Kostenvoranschlags oder dem Gutachten entsprechen. In der Realität ist dies jedoch nie der Fall, denn während der Reparatur ergeben sich erst die tatsächlichen Umfänge und die erforderlichen Arbeitsschritte. Ebenso werden die Reparaturleitfäden nicht bzw. zu wenig genutzt oder recherchiert, um den jeweiligen Kostenvoranschlag zu vervollständigen. Dies betrifft unter anderem die Nutzung der IFL-Liste, die den tatsächlich benötigten Aufwand vieler Arbeitsschritte darlegt, welche vom Hersteller aus welchen Gründen auch immer nicht vorgegeben werden. ___Beim automobilen Zukunftsforum im Juni stehen viele drängende Themen auf der Tagesordnung. Was sind für Sie als Hauptgeschäftsführer die Brandthemen unserer Branche?___ __Thomas Aukamm:__ Das automobile Zukunftsforum auf dem Lausitzring wird dieses Mal bereits am Freitag ein komplett anderes Veranstaltungsformat sein, als es die Branchentreffs und Bundesverbandstage der vergangenen Jahrzehnte gewesen sind. Wir möchten den Teilnehmern deutlich weniger Vorträge als vielmehr neueste Technik und Ergebnisse zum Anfassen und Erleben vermitteln. Hierbei haben wir das Thema automatisiertes Fahren und dafür benötigte Assistenzsysteme mit Sensoren und Kalibrierung genauso auf der Agenda wie das Arbeiten und Reparieren an Fahrzeugen mit Elektroantrieb. ___Was sehen die Besucher am Lausitzring genau?___ __Thomas Aukamm:__ Es wird sehr konkret und praxisorientiert. Eigensteifigkeit bei Ausbau des Akkus (z.B. Porsche Taycan), spezielle Hebebühnen hierfür sowie das Spannungsfreischalten von E-Fahrzeugen wird ein Punkt sein, zu dem wir auch Schulungen anbieten. Eine hochvolttaugliche Werkstatt mit einer eigenen Ladeinfrastruktur stellt zudem andere Anforderungen an die Ausstattung, als es bisher der Fall ist. Immer wichtiger werdende Fügetechniken wie das Thema Kleben werden genauso geboten wie Kunststoffinstandsetzung. Im Bereich der Fahrzeugdiagnose werden wir Kurzschulungen auf unterschiedlichen Herstellerplattformen anbieten. Ein Thema, das gerade bei der Fahrzeugdiagnose, dem Anlernen und Kalibrieren immer wichtiger werden wird. Insgesamt ist das Automobile Zukunftsforum nicht nur eine Veranstaltung für den Chef, sondern für die ganze Werkstatt. ___Welche Schwerpunkte setzen Sie beim Zukunftsforum?___ __Thomas Aukamm:__ Neben den oben genannten Themen wird der Mitarbeiter als stark
benötigte Ressource immer wichtiger. Hierbei spielt auch das Thema „Employer Branding“, also den Betrieb selbst auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren, eine immer wichtigere Rolle, um Auszubildende und Mitarbeiter zu gewinnen und an sich zu binden. Genauso wichtig sind aber auch Themen wie das richtige Kalkulieren; und dies nicht nur für den jeweiligen Reparaturauftrag, sondern noch wichtiger zur Ermittlung des eigenen Verrechnungsstundensatzes. Die ZKF-Mitgliederversammlung findet dieses Mal übrigens am Samstag parallel zur laufenden Ausstellung wichtiger Lieferanten und Marktteilnehmer statt. In diesem Jahr stehen die Wahlen des ZKF-Vorstandes an, was ohnehin schon ein wichtiger Tagesordnungspunkt ist.
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