Kommentar: Fiktive Abrechnung = Versicherers Liebling?

Nach einem Verkehrsunfall hat der Geschädigte Anspruch darauf, dass der gegnerische Versicherer den Schadenersatz vollumfänglich leistet. In der Praxis werden die Versicherer indes nicht müde, nach Einsparmöglichkeiten zu suchen, um die Leistungen zu Lasten des Geschädigten zu kürzen. Die sogenannten Prüfberichte, die sich treffender als „Computerausdrucke ohne jeden Aussagewert“ (AG Berlin/Mitte, Urt. v. 25.09.2014, Az.: 108 C 3118/14) bezeichnen lassen sollten und die einem sach- und fachgerecht erstellten Sachverständigengutachten nicht das Wasser reichen können, (vgl. AG Hamburg Blankenese v. 21.07.2017, Az.: 532 c 110/17), seien hier nur kurz erwähnt. ## Die Schadenskosten senken um 19 Prozent: fiktiv machts möglich Viel lieber sehen es die Versicherer allerdings, wenn ein Geschädigter sein Fahrzeug nicht reparieren lässt, sondern fiktiv abrechnet. Dies leuchtet ein. Schließlich fällt die auf die Reparatur entfallende Umsatzsteuer bei den Versicherern nicht als durchlaufender Posten, sondern als tatsächlicher Aufwand an. Da sie aber nach § 249 Abs. 2 BGB nur dann zu erstatten ist, wenn sie auch tatsächlich anfällt, verringert sich der Schadenaufwand bei der fiktiven Abrechnung – ohne jeglichen Aufwand – von sich aus bereits um 19 Prozent. ## Schmackhafte Angebote Viele Versicherer versuchen daher verstärkt, den Geschädigten bereits die fiktive Abrechnung von sich aus schmackhaft zu machen. Ein prominentes Beispiel ist der Einsatz von Hagelscannern, bei denen die Geschädigten damit geködert werden, dass die Entschädigung direkt nach dem Scan überwiesen werden kann. Dass die Kalkulation den Parametern des Versicherers folgt und eben kein Sachverständigengutachten ist, wird dabei gerne verschwiegen. Wer es nicht auf das schnelle (kleine) Geld abgesehen hat, sondern Wert auf die Instandsetzung des Hagelschadens legt, sollte
der Verlockung widerstehen. Schließlich spart der Versicherer auf diese Weise nicht nur Geld, sondern entledigt sich auch gleichzeitig des Reparaturrisikos. Der Fairness halber muss allerdings erwähnt werden, dass es sich beim Hagel um einen Kaskoschaden handelt, für den andere Parameter gelten, als für den Haftpflichtschaden. An der Einsparung durch die fiktive Abrechnung ändert dies jedoch nichts. Häufig möchten die Assekuranzen jedoch mehr sparen, als „nur“ die 19 Prozent Mehrwertsteuer und verstehen die fiktive Abrechnung als Türöffner für weitere Kürzungen.[ Wie hier die Rechtslage für Werkstätten und Geschädigte aussieht, lesen Sie hier. ](https://schaden.news/de/article/link/40794/etl-fiktive-abrechnung ) ## Quotenvorrecht verringert Anteil der Schadenskosten des Kundens Mitunter nehmen Unfallgeschädigte nur deswegen von einer Reparatur Abstand, weil sie sich z.B. ein Mitverschulden anrechnen lassen müssen. In derartigen Fällen ist die Stunde des Quotenvorrechts gekommen. Sollte der Geschädigte über eine Vollkaskoversicherung verfügen, lässt sich durch eine geschickte Kombination der Abrechnung des Schadens über die eigene Kasko- und die gegnerische Haftpflichtversicherung erreichen, dass sich der vom Kunden zu tragende Anteil an den Schadenkosten erheblich verringert. Details und wie im Einzelfall vorzugehen ist, sollte man jedoch mit einem entsprechend versierten Anwalt besprechen.