2018-09-19T14:25:10+0000

Arbeitszeitwerte: Welche Rolle spielt das Allianz Zentrum für Technik?

Ein heißer Sommertag irgendwo in Deutschland: Die Redaktion von colornews.de | schaden.news war zu einem Gesprächstermin verabredet, der völlig anders verlief als die vielen anderen Interviews, die wir bis dahin geführt hatten. Wir trafen im August einen Insider, der uns über Absprachen zwischen Automobilherstellern und Allianz Zentrum für Technik (AZT) sowie über „Laborbedingungen“ bei der Zeiterfassung berichtete. Sein Name bleibt anonym, seine Schilderungen und die Stellungnahme des AZT werden nun erstmals exklusiv veröffentlicht. ## Absprachen nach Bumper-Test um Versicherungseinstufung zu optimieren? In dem anonymisierten Video heißt es: „Ich war beim AZT. Dort wurde ein Bumper-Test mit BMW durchgeführt. Nach dem Bumper-Test hat sich herausgestellt, dass der Reparaturaufwand relativ hoch war, weil die Airbags beim Crash ausgelöst wurden. Danach wurde in Abstimmung mit BMW die Konstruktionsweise so geändert, dass die Airbags nicht mehr auslösen, um den Reparaturaufwand geringer zu halten und eine bessere Versicherungseinstufung zu bekommen.“ Das Allianz Zentrum für Technikerklärt dazu eindeutig: „Das AZT hat keine RCAR-Bumpertests im Auftrag von BMW durchgeführt.“ Weiter heißt es zur Konkretisierung: „Das AZT führt keine Crashversuche im Auftrag des GDV für die Typklassenersteinstufung durch. Im Auftrag des GDV werden im AZT Crashtests zur
Überprüfung der Typklasseneinstufung durchgeführt. Im Rahmen dieser Überprüfungscrashtests wurde kein RCAR-Bumpertest an einem BMW durchgeführt.“ Gleichwohl finden sich auf einer der Redaktion vorliegenden CD Bilder von einem Bumpertest-Crash eines BMW 2er GT Grand Tour. In welchem Zusammenhang diese Aufnahme jedoch tatsächlich entstanden ist, ist noch unklar. Mit dem Allianz Zentrum für Technik ist dazu ein persönliches Gespräch vereinbart. ## Wird an der Zeiterfassung manipuliert? [Eine Umfrage von colornews.de | schaden.news Anfang August hat gezeigt,](https://schaden.news/de/article/link/40624/umfrage-arbeitszeitwerte-auswertung) dass es in größerem Umfang zu erheblichen Abweichungen zwischen den Arbeitszeitwerten und den tatsächlichen Reparaturzeiten kommt. Auch im Interview mit [ZKF-Präsident Peter Börner während der Automechanika wurden deutliche Zweifel an der korrekten Zeiterfassung bei der Typenklassifizierung angemeldet](https://www.schaden.news/de/article/link/40738/automechanika-2018-zkf-boerner). Der von der Redaktion befragte Insider hatte Einblick in die Werkstatt beim Allianz Zentrum für Technik (AZT) und beschreibt das Vorgehen zur Ermittlung von Arbeitszeitwerten wie folgt: „Nach dem Bumper-Test wurde das Fahrzeug in die Werkstatt des AZT verbracht. Dort war das ganze Werkzeug komplett vorbereitet, lag schon an Ort und Stelle, speziell auf dieses Fahrzeug ausgerichtet, also quasi Laborbedingungen.“ Weiter heißt es in der Video-Aufzeichnung: „Und dort wurden dann die Reparaturzeiten erfasst. Das erfolgte so, dass wirklich nur der reine Handgriff oder Arbeitsgang am Fahrzeug gemessen wurde. Mit der Stoppuhr wurde wirklich nur das Lösen der ersten Schraube bis zum Lösen der letzten Schraube am Bauteil gemessen. Ohne das Holen der Werkzeuge zu berücksichtigen.“ Das Allianz Zentrum für Technik meint dazu in seiner Stellungnahmen gegenüber
colornews.de | schaden.news: „Bei AZT-Reparaturstudien wird der nach AZT-Meinung fachlich richtige und wirtschaftlich günstigste Reparaturumfang ausgewählt. Dabei werden gültige Sicherheitsvorschriften für das Handwerk, aktuelle Material-Verarbeitungsrichtlinien, die Werkstattliteratur des Automobilherstellers und die anerkannten Arbeitsmethoden des Karosseriehandwerkes berücksichtigt.“ Zudem heißt es: „Die Zeitstudie wird unter Beachtung der REFA-Richtlinien durchgeführt. Dabei werden alle Einzelarbeitsgänge und die Rüstarbeiten mit einer Zeit-Messuhr erfasst, der Leistungsgrad individuell für jeden Ablaufabschnitt beurteilt und die Verteilzeit als Prozentsatz der errechneten Grundzeit zugeschlagen. Die im Rahmen der Instandsetzung von Crashfahrzeugen im AZT durchgeführten Zeitstudien dienen ausschließlich zur Information des betroffenen Fahrzeugherstellers bzw. Auftraggebers. Das AZT ermittelt keine Arbeitszeitvorgaben für Fahrzeughersteller.“ Fazit: Hinter den Kulissen finden derzeit intensive Gespräche zwischen AZT und verschiedenen Vertretern aus der Werkstattwelt statt, um fehlerhafte Werte bei der Zeiterfassung zu besprechen.