2017-07-26T11:31:05+0000
# „Ansprüche konsequent durchsetzen“ **Herr Höke, ETL Kanzlei Voigt ist einer der führenden Rechtsbeistände unserer Branche. In wessen Auftrag sind Sie eigentlich unterwegs? Mit welchem Ziel?** **Bernd Höke:** Als Verkehrsrechtsexperten beraten und vertreten wir Privat- und Geschäftsmandanten bei allen Rechtsfragen rund um Auto und Straßenverkehr. Bei der Abwicklung von Versicherungsschäden unterstützen wir Werkstätten, Autohäuser und Geschädigte dabei, ihre Ansprüche konsequent gegenüber den Versicherern durchzusetzen. Daneben vertreten wir tausende Betroffene in den Bereichen Ordnungswidrigkeiten, Punkte oder Führerscheinangelegenheiten. Da wir im Bereich Schadenregulierung Geschädigte und Werkstätten vertreten, sorgen wir für ein Gegengewicht zu den Experten der Versicherer, die den juristischen Laien überlegen sind. Das ist sowohl bei der Abwicklung von Blechschäden wichtig, weil hier häufig Kürzungen vorgenommen werden, die unberechtigt sind als auch bei komplizierten Personenschäden. ### **Ihre Kanzlei zählt 28 Standorte in Deutschland, wie schaffen Sie es, Ihre Mandanten flächendeckend und in gleicher Qualität zu betreuen?** Wir beraten tausende Automobilbetriebe von A wie Arbeitsrecht bis Z wie Zwangsvollstreckung. Dazu kommt eine Vielzahl von verkehrs- und versicherungsrechtlichen Mandaten im Privatkundenbereich. Um hier eine gleichbleibende Qualität auf höchstem Niveau zu gewährleisten, haben wir Digitalisierung, Standardisierung sowie die bundesweite Vernetzung unserer Geschäftsprozesse nachhaltig umgesetzt. Ein zentrales Wissensmanagement bündelt die Kompetenz von über 80 spezialisierten Anwälten und macht sie gleichzeitig an allen Standorten verfügbar. ###
**Was sind aufgrund Ihrer Erfahrung die großen Streitthemen zwischen Werkstätten und Versicherern – und warum?** Der ruinöse Preiswettbewerb unter den Autoversicherern führt zu extremen Sparzwängen. Das hat Auswirkungen auf die Regulierung der Versicherer. Früher hatte die Werkstatt einen fachkundigen Ansprechpartner. Dieser war in der Regel mit dem Fall vertraut und Fragen konnten schnell und unkompliziert geklärt werden. Heute erfolgt die Schadenbearbeitung vielfach entweder automatisiert im Wege der „Dunkelverarbeitung“ oder die Werkstatt erreicht nur noch Callcenter, deren Mitarbeiter vornehmlich auf die Senkung der Schadenkosten getrimmt sind. Dies führt dazu, dass Entscheidungen verzögert oder für die fachgerechte Instandsetzung erforderliche Kosten abgelehnt werden, ohne dass dies sachlich gerechtfertigt wäre. Außerdem wird massiv versucht, Geschädigte in der Schadenabwicklung zu lenken. Häufig bleiben dabei Rechte und Ansprüche der Geschädigten auf der Strecke. ### **Immer stärker sind gerade K&L-Betriebe von Rechnungskürzungen betroffen. Wir berichten darüber regelmäßig. Wie beurteilen Sie persönlich die Lage in der Branche? Handelt es sich um Einzelfälle oder kann man schon von einem Flächenbrand im Unfallschadenmarkt sprechen?** Die Bezeichnung als „Flächenbrand“ ist durchaus angemessen. Die Lage kann als angespannt bezeichnet werden und die Kürzungen machen auch vor Partnerbetrieben der Versicherer nicht Halt. Wir unterstützen daher auch diese, damit ihnen trotz niedriger Stundenverrechnungsätze und standardisierten Prüfberichten noch genügend Ertrag zum Leben bleibt. ### **Welche rechtliche Relevanz haben die Herstellervorgaben? Sind sie für freie Karosserie-**
**und Lackierbetriebe bindend oder handelt es sich um Richtwerte, die bei einer tatsächlichen Reparatur abweichen können?** Die Herstellervorgaben haben übergreifende Bedeutung. Schließlich kann von einer sach- und fachgerechten Instandsetzung nur dann gesprochen werden, wenn diese nicht irgendwie, sondern nach den Vorgaben des Herstellers erfolgt. Ist dies nicht der Fall, kann es beim Wiederverkauf oder, wenn es sich um ein Leasingfahrzeug handelt, bei der Rückgabe Probleme geben. Dasselbe gilt für die Geltendmachung etwaiger Garantieansprüche, wenn z.B. die Vorgaben für Karosserie und Fügetechnik nicht beachtet werden. Hinsichtlich der Zeitvorgaben kommt dem jeweiligen Schaden eine zentrale Rolle zu. Jeder Fall ist ein bisschen anders und daher kann im Einzelfall eine Abweichung vom Richtwert erforderlich – und damit ersatzfähig – sein. ### **Gibt es für Rechnungskürzungen von Versicherern eigentlich plausible rechtliche Gründe?** Eine Kürzung ist rechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn die Rechnung Positionen enthält, die bei einer fachlich einwandfreien Instandsetzung nicht erforderlich wären. Dies kommt zwar immer wieder mal vor, ist aber keine tragfähige Begründung für die, nach dem Rasenmäherprinzip durchgeführten, Kürzungen der Versicherer. Die tatsächlichen Ursachen liegen weniger in den Rechnungen als in den Sparzwängen der Versicherer begründet. Da die Kürzungen nicht nur die Schadenkosten senken, sondern auch den Dienstleister, der z.B. automatisierte Rechnungsprüfungen durchführt, finanzieren müssen, liegt ihnen eine ausgeklügelte Strategie zugrunde. Die Beträge der Rechnungskürzungen bewegen sich oftmals in einer Höhe, deren Verfolgung der Werkstatt höhere Kosten verursachen würde, als deren Abschreibung. Folglich verzichten viele Betriebe auf deren Durchsetzung. Die Leidtragenden sind am Ende die Werkstätten und die Geschädigten.
**Welches Vorgehen empfehlen Sie Werkstätten, die von Kürzungen im Haftpflichtschadenfall betroffen sind?** Betroffene Werkstätten sollten Kürzungen nicht unwidersprochen hinnehmen, sondern dafür sorgen, dass der Fall von Anfang an in kompetente anwaltliche Hände kommt. Das OLG Frankfurt/Main hat dazu gesagt: „Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stundenverrechnungssätzen u.ä. lässt es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln.“ (AZ: 22 U 171/13 vom 2.12.2014). Dem ist nichts hinzuzufügen.
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