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2017-05-31T13:43:40+0000
# „Park- und Manövrierschäden sind hochrelevant“ Eine Schramme am Kotflügel, eine Delle im Stoßfänger – für K&L-Betriebe, die im Smart-Repair-Bereich gut aufgestellt sind, bedeuten solche Parkschäden ein lukratives Geschäft. [Schadensteuerer wie Innovation Group gehen davon aus, dass der immer dichter werdende Stadtverkehr und Ablenkung des Fahrers durch Smartphone und Co. zu einem weiteren Anstieg von Kleinschäden führen werden](http://colornews.de/markt/nachrichten/innovation-group-erwartet-steigerung-von-gesteuerten-schaeden/) und auch die HUK-COBURG hat einer kürzlich durchgeführten Untersuchung herausgefunden, [dass die Zahl der Parkschäden trotz des massiven Einsatzes von entsprechenden Systemen bislang nicht gesenkt werden konnte](http://colornews.de/markt/nachrichten/einparkhilfen-wirkungslos-huk-coburg-studie/). Die Bedeutung und das Ausmaß solcher Schäden zeigt jetzt eine Studie, die das KTI (Kraftfahrzeugtechnisches Institut) vorstellt. schaden.news | colornews.de sprach mit Gerald-Alexander Beese [zum Zeitpunkt des Interviews Projektleiter im KTI , Anm. d. Red.] über die Ergebnisse. **Herr Beese, welche Relevanz hat das Thema Parkschaden insbesondere für die Kfz-Versicherer, von denen ja einige Gesellschafter des KTI sind?** Die Studie des internationalen Forschungsverbundes RCAR hat gezeigt, dass etwa ein Drittel aller Kfz-Schäden im niedrigen Geschwindigkeitsbereich geschieht, sich also auf klassische Park- und Manövrierunfälle zurückzuführen lässt. Besonders häufig entstehen solche Schäden laut der Studie übrigens beim Rückwärtsfahren. Dies ist ein relevanter Anteil an allen Schäden und ursächlich dafür, dass Kfz-Versicherer ein verstärktes Augenmerk auf das Thema legen werden. Der durchschnittliche Schadenaufwand wird in der RCAR-Studie zwischen 1.700 Euro und 2.100 Euro angegeben.
**Die Studie wertet Daten aus insgesamt sieben verschiedenen Ländern aus. Wie schätzen die im KTI als Gesellschafter engagierten Versicherungsunternehmen die Situation für Deutschland ein?** Interessanterweise waren die Ergebnisse der Untersuchungen aus Australien, Deutschland, Korea, Japan, Schweden, dem Vereinigten Königreich und den USA nahezu übereinstimmend. Unsere Gesellschafter sehen für den deutschen Markt grundsätzlich ein ähnliches Bild und wollen sich künftig verstärkt in dem Thema engagieren. **Die Automobilhersteller statten ihre Fahrzeuge mit immer neuen Assistenzsystemen aus, zunehmend auch mit Funktionen, die Kleinschäden am Fahrzeug verhindern sollen. Wie wirksam ist die Technik bislang?** Bislang haben sich aktuelle Parkassistenzsysteme – oftmals auf Basis von Ultraschallsensoren – als nicht effektiv hinsichtlich einer signifikanten Reduktion von Park- und Manövrierschäden erwiesen. **Warum?** Das kann mehrere Gründe haben. Zum einen gibt es bestimmte Hindernisse, die für die Ultraschallsensoren schwer zu erkennen sind, wie beispielsweise die sehr dünnen Anlehnbügel zum Anschließen von Fahrrädern. Zum anderen ist schwer einzuschätzen, wie die Nutzerakzeptanz solcher Systeme ist, die zum Beispiel bei nervigem Piepen gegebenenfalls ignoriert oder deaktiviert werden. **Das KTI will gemeinsam mit den Partnern im RCAR-Verbund das Risiko solcher Schäden senken – wie wollen Sie das Thema angehen?**
Mit der besagten Studie hat RCAR die hohe Relevanz von Park- und Manövrierschäden für die Kfz-Versicherung erstmals empirisch nachgewiesen. Darauf aufbauend wurde eine neue Testprozedur entwickelt, um langfristig die Qualität und Effektivität transparent machen. Dabei fokussieren wir uns auf sogenannte Reverse AEB-Parksysteme, die selbstständig bremsen, wenn sie während des Einparkens oder Manövrierens ein Hindernis erkennen. Solche Assistenten gibt es aktuell zum Beispiel im Facelift des VW Tiguan oder im aktuellen BMW 5er. Ziel der im Januar veröffentlichten Testprozedur ist es, auch die Hersteller für die Bedeutung solcher Schäden zu sensibilisieren. **Wenn die Systeme zur Vermeidung von Kleinschäden kontinuierlich optimiert werden und zugleich auch die Zahl der schweren Strukturschäden durch bestehende Systeme sinkt – müssen Karosserie- und Lackierbetriebe befürchten, dass ihnen schon bald die Arbeit ausgeht?** Dies ist nicht eindeutig zu beurteilen, zumindest im kurzfristigen Betrachtungszeitraum. Wir gehen davon aus, dass die Weiterentwicklung bestehender Systeme und die Kombination verschiedener Technologien wie Ultraschallsensorik mit Kamera- oder Radar-Systemen die Zahl der Schäden langfristig reduzieren wird. Doch dies wird sich über einen längeren Zeitraum hinziehen, zumal es erfahrungsgemäß immer auch einige Zeit in Anspruch nimmt, bis neue Technologien alle Fahrzeugsegmente durchdringen. Allen Bedrohungsszenarien zum Trotz wirkt sich die neue Technik auch dahingehend für die Werkstatt aus, dass durch immer mehr verbaute Sensoren und Systeme die Reparatur komplexer wird – wer zukünftig technisch in der Lage ist, das zu reparieren, generiert einen Wettbewerbsvorteil für seinen Betrieb.
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