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2014-04-28T12:38:48+0000
# „Mit dem Capri kannst du nur quer fahren“ Was macht der einzige deutsche Rallye-Weltmeister (1980 und 1982), wenn er nicht gerade als Testfahrer oder Markenbotschafter unterwegs ist? Radfahren und im Wald sein eigenes Brennholz schlagen! Das verriet uns Walter Röhrl am Rande eines Exklusiv-Interviews im thüringischen Bürgel. Im Karosseriebetrieb Volker Gehrt schaute sich der 67-Jährige die frisch lackierte Originalkarosse seines 1972er Ford Capri an. Und blickte dabei zurück auf die ersten großen Erfolge seiner langen motorsportlichen Karriere. **Herr Röhrl, was hat Sie damals angetrieben, Ford Capri zu fahren?** **Walter Röhrl:** Der Capri war ein Traumauto. Und dann das Vertragsangebot: Service und Übernachtungen kostenlos, plus 250 D-Mark Jahresgage. Heute lachen wir darüber – damals war das wie ein Sechser im Lotto für mich. **Was war das für ein Gefühl, als Sie den „Kleint RS“ das erste Mal gefahren haben?** Probefahrt war in der Hamburger Tuning-Schmiede von Ernie Kleint . Das muss in den letzten Dezembertagen gewesen sein, das Fax mit der Einladung kam am 23. Dezember 1970. Schon die erste Fahrt war ein tolles Erlebnis. Der lange Radstand, dadurch war der Capri stabil – auch auf schnellen Geraden. Vorher war ich Alfa 1750, BMW 2002ti und Porsche 911 gefahren. Da konnte der Kleint RS leistungsmäßig recht gut mithalten.
**Was macht für Sie den „Mythos Capri“ aus?** Zum einen das Aussehen: Der Capri ist ja ein Sport-Coupè. Durch die Power-Hutze auf der Motorhaube erinnert er eher an ein amerikanisches Muscle Car. Mit seiner farbenfrohen Lackierung stach er deutlich aus der Masse heraus. Dann der Motor mit dem sonoren, tiefen Raspelsound. Die anderen waren mit Vierzylindern unterwegs. Wir hatten einen Sechszylinder mit 220 PS und zwei Auspuffrohren. Und natürlich das Handling: Mit dem Auto – Motor vorn, Antrieb hinten auf Starrachse – musst du quer fahren, damit es sich nach der Kurve schnell wieder stabilisiert. Für die Zuschauer war das Driften mit dieser „Heckschleuder“ natürlich spektakulär anzuschau‘n. **Und wie war Ihr erster Eindruck vom Renn-Capri?** Vor dem Kleint RS waren wir bei der Sachs-Rallye schon mit einem 125 PS-Capri unterwegs. Im Fichtelgebirge wurde eine Wertungsprüfung erst in der Nacht vor unserem Start schneefrei geräumt. Nach dem Durchfahren der Zielankunft sagte mein Beifahrer Herbert Marecek erleichtert: „Du Walter, auf dieser Strecke schlägt dich keiner auf der Welt!“ Wir haben die SP (Sonderprüfung; Anm. d. Red.) dann auch mit 35 Sekunden Vorsprung gewonnen. Und das mit einem Serienfahrzeug! Lediglich ein kurzes Getriebe hatten wir einbauen lassen. Das fühlt sich dann an, als ob du auf einmal 100 PS mehr unter der Haube hast. **Mit dem Kleint RS wurden Sie 1971 Gesamtsieger des EM-Laufs „Rallye Wiesbaden“. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Meilenstein Ihrer Karriere?** Von Wiesbaden aus ging es bis zur tschechischen Grenze. Das waren 14 Stunden Vollgas ohne Pause. Heute undenkbar: fast jede Verbindungsetappe war gleichzeitig Sonderprüfung. Wir kamen trotz 90 Prozent Schotteranteil auf 90 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit.
Als wir den knapp vor uns liegenden Warmbold mit seinem angeschlagenen BMW überholten, sagte mein „Co“ Herbert Marecek nur: „Abgehakt, den haben wir sauber abgehängt!“ **Mit dem Sieg waren Sie automatisch internationaler A-Fahrer. Wie ging es weiter?** 1971 ist mein Bruder tödlich verunglückt. Da gab es in meiner Familie jedes Mal große Probleme, wenn ich zu einer Rallye los wollte. Nach meinem Rücktritt Ende des Jahres habe ich mich im März 72 dann doch wieder bei Ford zurück gemeldet. Ohne Rallye konnte ich nicht mehr leben. **1972 gewannen Sie den EM-Lauf „Rallye Baltic“. Wie ist Ihnen dieser internationale Erfolg gelungen?** Da bin ich anfangs dem Zasada hinterhergefahren. Mit seinem 911er war er nur schwer zu schlagen. Das war auch damals schon mein Ideal: du musst die Kraft deines Motors optimal auf die Fahrbahn bringen. Schließlich ist es mir bei einer Sand-SP doch gelungen, ihn in einer Kurve außen zu überholen. Den Sieger-Pokal gab’s damals übrigens aus den Händen von Gunter und Mirja Sachs. **Den ganz großen Durchbruch brachte dann die Olympia-Rallye 1972, bei der Sie Hannu Mikkola, Jean-Pierre Nicolas und Rauno Aaltonen überflügelten – bis ein Motorschaden den Sieg vereitelte.** Nach der ersten SP hieß es: Die 23 ist Schnellster? Das muss ein Zeitfehler sein! Als ich auf den nächsten fünf Sonderprüfungen jeweils unter den ersten Fünf war, hörte ich jemand sagen: Das ist ein Verrückter, der ist wirklich schnell!
Da haben die Experten Kopf gestanden. Für die war der Capri damals schon ein motorsportliches Relikt: Motor vorn und Antrieb hinten! Wir hatten dennoch eine unglaubliche Traktion und haben sogar auf Schotter den Hannu Mikkola mit seiner Alpine eingeholt. Mit dem Capri kannst du nur quer fahren. Seitenfenster quer bis zum Anschlag – das ist seine klare Linie. **Ihr langjähriger Copilot Christian Geistdörfer hat seine erste Begegnung mit einem Renn-Capri als „Schlüsselerlebnis“ bezeichnet. Was verbinden Sie ganz persönlich mit der Zeit auf „Kleint RS“?** Für den Jochi (Kleint; Anm. d. Red.) war es natürlich ein Schicksalsschlag. Er war bis dahin bester Deutscher. Und dann kommt einer aus dem Bayerischen Wald und ist auf Anhieb schneller als er. Aber wir hatten immer ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Sein einziger Fehler war wohl die starke Fixierung auf seinen Bruder. Wenn du ihn gefragt hast: Und Jochi, wie läuft die Abstimmung deines Wagens? Kam als Antwort: Du da muss ich erst mal den Ernie fragen. Aber der Jochi ist ein Riesen-Typ. Bei der Monte Carlo 82 auf Ascona hatte ich die Startnummer 1, er die 7. Es war früh am Morgen, tiefstehende Sonne und spiegelglatt. Als ich im Ziel in den Rückspiegel schaue, steht der Jochi direkt hinter mir. Ich sage: Wie hast du denn das gemacht bei dem Eis? Er nur: War’s da irgendwo glatt? **Herr Röhrl, vielen Dank für das Gespräch.** Gerne.
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