2024-01-24T09:43:45+0000

HUK-Coburg verliert Kunden und kämpft mit extremen Schadenkosten

Das Interview, das Klaus-Jürgen Heitmann[ Anfang Januar (9.1.2024) dieses Jahres der Börsenzeitung gab](https://www.boersen-zeitung.de/banken-finanzen/momentan-schlimme-situation), hat es in sich: Dort zeichnet der Vorstandschef der HUK-Coburg in klaren Worten ein düsteres Bild der Lage der deutschen Kfz-Versicherungswirtschaft. „Wir haben sicherlich das Ausmaß der Inflation unterschätzt“, antwortet Klaus-Jürgen Heitmann auf die Frage, was die Branche falsch gemacht hat und begründet wie folgt: „Es gibt mehr Unfälle, außerdem sehen wir Zerstörungen etwa durch extrem große Hagelkörner, die wir in diesem Ausmaß nicht kannten. Drittens: Die Beitragserhöhungen zum Jahreswechsel 2022/2023 haben die Durchschnittsbeiträge nicht in dem Maß gesteigert, wie die Branche oder auch wir als Unternehmen gedacht hatten.“ Die Lage der gesamten Kfz-Versicherungsbranche sei demnach in einem desolaten Zustand. [Eine Einschätzung, die schon Heinz Gressel, Vorstandsmitglied der LVM Versicherung, in der Web-TV Sendung Schadentalk im November vergangenen Jahres traf.](https://youtu.be/uZq0pzmhXNs?feature=shared) ## Schaden-Kosten-Quote bei HUK-Coburg wird noch schlechter ausfallen Auch für die Coburger wird es wohl noch schlimmer kommen als bisher angenommen. [Schon im Juli vergangenen Jahres hatte Klaus-Jürgen Heitmann vor einer besonders schlechten Schaden-Kosten-Quote in Höhe von bis zu 110 Prozent gewarnt.](https://www.schaden.news/de/article/link/43547/huk-coburg-rechnet-mit-tiefroten-zahlen) Jetzt rechnet der Vorstandssprecher mit 114 bis 115 Prozent. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir dies im Kraftfahrt-Segment jemals gehabt hätten.“ Damit würde die HUK-Coburg das zweite Jahr in Folge schlechter abschneiden als die Konkurrenz. Rein theoretisch kämen dann auf 100 Euro Einnahmen 115 Euro Ausgaben. ## „Wir haben mehr als 100.000 Kunden verloren“ Klaus-Jürgen Heitmann sprach im Interview mit der Börsen-Zeitung nicht nur offen über drückende Kosten, sondern auch über die Abwanderung von Versicherten. „Wir haben zum Jahreswechsel mehr als 100.000 Kunden verloren“, erklärte er und meinte: „Dies ist tatsächlich eine neue Erfahrung, die unser Haus und auch mich beschäftigt. Es tut weh, wenn man sieht, dass so viele Kunden gehen. Wir sind es gewohnt, dass wir zum Jahreswechsel eher die Sieger sind. Jetzt sind wir wahrscheinlich einer der relevanten Verlierer und haben Marktanteile verloren.“ ## Gerät die HUK-Autowelt ins Stottern? In Coburg rechnet man mit einer langen Durststrecke. Klaus-Jürgen Heitmann geht nicht davon aus, dass der Kundenverlust kurzfristig kompensiert werden kann. „Es wird meiner Erwartung nach wenig Neugeschäft im Markt geben.“ Der Vorstandssprecher setzt auf digitale Zugangswege und auf weitere Mobilitätsangebote, um Versicherte zu binden. Klaus-Jürgen Heitmann hält deswegen auch an der HUK-Autowelt fest, will aber den 25,1-prozentigen Anteil an Pitstop vorerst nicht aufstocken. Bis Ende 2023 habe die HUK der Werkstattkette rund 90.000 Kunden zugeführt. Der Autohandel bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück. Geplant waren nach Aussagen des Vorstandssprechers 10.000 Verkäufe, es seien jedoch nur bis zu 8.000 geworden. „Wir müssen als Haus viel besser darin werden, aus Kundenkontakten und Daten neue Angebote zu machen.“ Was
das Engagement bei Pitstop jedoch der HUK-Coburg in der Kfz-Versicherung konkret gebracht hat, bleibt im Gespräch der Börsenzeitung offen. ## Bafin hat die Coburger auf dem Schirm Auch mit dem Service im eigenen Haus zeigt sich Klaus-Jürgen Heitmann unzufrieden: „Unsere Kunden mussten teilweise deutlich mehr als zwei Wochen auf eine Antwort warten. Derart lange Zeiten akzeptieren die Leute heute überhaupt nicht mehr.“ In Coburg werden derzeit viele Überstunden geschoben, um sich überhaupt wieder in diese Größenordnung zurückzuarbeiten. Auch deshalb, weil die Finanzaufsichtsbehörde BaFin die Coburger angezählt hat und Maßnahmen fordert, damit der Bearbeitungsrückstand zurückgefahren werden kann. Klaus-Jürgen Heitmann begründet diese Schieflage mit der überraschend gestiegenen Schadenhäufigkeit. Bereits seit Monaten mehren sich die Anzeichen dafür, dass die BaFin den Druck auf den Kfz-Versicherer massiv erhöht. ## Schwerer Stand für Partnerwerkstätten bei Jahresgesprächen Die Lage bei der HUK-Coburg dürfte auch Auswirkungen auf die Jahresgespräche der Partnerwerkstätten haben. [Schon im vergangenen Jahr hatte die HUK-Coburg keine weiteren Stundensatzerhöhungen gewährt, sondern nur die im Jahr 2022 befristeten Erhöhungen unbegrenzt verlängert.](https://www.schaden.news/de/article/link/43426/keine-svs-erhoehung-huk) In diesem Jahr müssten die Stundensätze im HUK-Werkstattnetz also eigentlich steigen. Angesichts der von Klaus-Jürgen Heitmann beschriebenen Situation ist dieser Weg allerdings nur schwer vorstellbar. [Vor dem Hintergrund des mehr als neun Prozent verteuerten DEKRA-Reparaturstundensatzes 2024](https://schaden.news/de/article/link/43819/dekra-reparatur-stundensatz-steigt-um-mehr-als-9-prozent) und der immer noch steigenden Lohn- und Materialkosten drängen die Partnerwerkstätten jedoch auf eine Anpassung. Die Diskussion um den Stundenverrechnungssatz im Frühjahr wird deshalb wohl richtig Fahrt aufnehmen, während die Schieflage bei der HUK-Coburg weiter anhält.
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