2023-08-30T08:10:25+0000

Was gehört zu den Gemeinkosten und was nicht?

Ob Probefahrt, Reinigungskosten oder Richtwinkelsätze – Immer wieder begründen Kfz-Versicherer die Kürzung bestimmter Arbeitspositionen damit, dass diese ohnehin in den Gemeinkosten eines Reparaturbetriebes enthalten wären. Doch welche Kosten fallen denn per Definition überhaupt unter die Gemeinkosten? ## Übersichtliche Darstellung in IFL-TeMi Laut betriebswirtschaftlicher Definition sind „Gemeinkosten […] diejenigen Kosten im Unternehmen, die einem Kostenträger oder einer Kostenstelle nicht direkt zugeordnet werden können.“ Oder, wie die Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung es in einer technischen Mitteilung aus dem Jahr 2018 zusammenfasste: „Alles, was Kosten verursacht, dem Auftrag jedoch nicht direkt zugeordnet werden kann.“ Gemäß der IFL-Auflistung gehören dazu u.a. Personalkosten, Kosten für Wasser, Strom, Energie, sowie Miete, Pacht, gesetzliche Sozialabgaben, Urlaubs- und Weihnachtsgeld bis hin zu Kosten für Reiniger, Toilettenpapier oder Seife. Die komplette Auflistung finden Sie in der IFL-TeMi Nr. 12/2018, die wir Ihnen [hier zum kostenfreien Download](https://schaden.news/download/link/gXqa) bereitgestellt haben. ## „In der Festlegung des individuellen Stundenverrechnungssatzes spielt die Musik für den unternehmerischen Erfolg“ „Darüber hinaus zählen auch Werbungs- und Wartungskosten sowie Versicherungsprämien zu den Allgemeinkosten“, fügt Herbert Prigge, Unternehmensberater bei der bpr Mittelstandsberatung in Dortmund, hinzu. Für den Betrieb sei wichtig, dass die Allgemeinkosten in einem gesunden Verhältnis zum Umsatz des Unternehmens stehen. „Sie sollte zwischen 18 und 21 Prozent der Gesamtbelastung betragen“, erklärt der Unternehmensberater. Wichtig: Der Betrieb ist in seiner Preisgestaltung autonom. Daher sollte er all die Posten, die in die Allgemeinkosten hineinspielen und somit erheblichen Einfluss auf den Stundenverrechnungssatz haben, im Auge behalten. „Hier spielt die Musik für den unternehmerischen Erfolg“, betont der Unternehmensberater. ## „Verrechnung ist Sache der Werkstatt und nicht des Versicherers“ Diese Autonomie bedingt, dass es eben einzig und allein Sache des Reparaturbetriebes ist, welche Kosten er nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen pro Auftrag berechnet und welche er auf alle Kunden umlegt. Daran ändert auch die Argumentation der Kfz-Versicherer nichts, wenn sie versuchen gekürzte Rechnungspositionen über die Gemeinkosten zu begründen. Häufig davon betroffene Posten sind beispielsweise die Fahrzeugreinigung oder auch Probefahrten. „Es mag ja sein, dass manche Bertriebe diese Positionen tatsächlich nicht separat berechnen. Wo dies der Fall ist, beruht dies aber einzig und allein auf einer autonom getroffenen betriebswirtschaftlichen Entscheidung der Werkstatt“, stellt Rechtsanwalt Dr. Wolf-Henning Hammer von der Kanzlei Voigt noch einmal klar. Eine Generalisierung sei damit in keiner Weise verbunden. Und auch zahlreiche Gerichtsurteile bestätigen dies immer wieder, wie der Anwalt betont: „Bereits das AG Gießen, im Zusammenhang mit dem Auslesen eines Fehlerspeichers (Urteil v. 2018, Az. 45 C 37/18), oder das AG München bezüglich der Desinfektionskosten (Urt. v. 08.07.2021, Az. 337 C 7856/21) hatten betont, es sei Sache der Werkstatt und nicht des Versicherers, wie einzelne Positionen zu verrechnen sind. Wer meint eine Position den Gemeinkosten zurechnen zu können, weil er sie nicht erstatten will, übersieht, dass Kfz-Werkstätten gewinnorientiert betriebene Unternehmen sind. Wenn ein Sachverständigengutachten eine Position gesondert aufführt, ist das sicher hilfreich. Ihr Fehlen bedeutet aber nicht, dass sie deshalb in den Gemeinkosten verschwinden und nicht gesondert zu erstatten ist.“
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