2022-05-18T10:32:06+0000

Mobilität: Deutsche wollen auch in Zukunft individuell unterwegs sein

Der private Pkw erfreut sich immer noch großer Beliebtheit bei deutschen Verkehrsteilnehmern. Das bestätigt etwa die aktuelle Mobilitätsstudie der HUK-Coburg, wo rund zwei Drittel (67 %) der über 4.000 befragten Personen angaben, dass das Auto ihre Anforderungen am besten erfülle. „Für die Mehrzahl der Deutschen ist das alleinige Zurückdrängen des Autos keine zielführende Zukunftsstrategie – auch nicht in den Städten“, wird Vorstand Dr. Jörg Rheinländer in der begleitenden Pressemeldung zitiert. ## „Ja“ zur ökologischen Verkehrswende – doch nicht um jeden Preis Bei der Akzeptanz nachhaltiger Fortbewegungskonzepte stehen dagegen zunehmend Sorgen vor steigenden Preisen und dem Verlust einer selbstbestimmten Mobilität im Vordergrund. Knapp die Hälfte (48 %) der Studienteilnehmer sieht die größte Gefahr darin, dass sich die Mobilitätskosten weiter verteuern werden. Jeder dritte Befragte (34 %) ist der Meinung, dass es beim Umstieg auf Elektroantriebe zu einer Verknappung des Strom-Angebots kommen könnte. Während Bedenken wegen eines zu geringen Umweltschutzes (18 %) gegenüber der Vorjahresstudie (27 %) stark zurückgingen, wachsen Befürchtungen, es könne im Zuge der ökologischen Verkehrswende zu einem „Verlust an Individualität und Selbstbestimmung bei der Wahl von Fortbewegungsmitteln“ (je 22 %) kommen. ## Öffentliche Transportmittel so unbeliebt wie nie Diese Sorge vor einer „zu starken öffentlichen Bevormundung“ (23 %) hat auch Folgen für die Bewertung öffentlicher Verkehrsmittel. Während trotz der erwähnten Vorbehalte und aktueller Lieferschwierigkeiten rund jeder fünfte Befragte das E-Auto als ideales Verkehrsmittel der Zukunft ansieht, verharren die Zustimmungswerte bei Bus, S-Bahn und Co. bei gerade einmal der Hälfte (12 %), die Bahn kommt auf 16 Prozent. Ob Kosten, Schnelligkeit, Flexibilität, Hygiene, Organisierbarkeit oder CO2-Freiheit: Besonders die Gruppe der über 40-jährigen Studienteilnehmer wertet die bisherige Mobilitätsentwicklung überwiegend negativ. Die jüngeren Befragten sehen zumindest keine Verschlechterungen bei der Organisierbarkeit und Schnelligkeit von Mobilität und zeigten sich insgesamt offener. ## Umfrage des TÜV-Verbands zeigt gestiegene Bedeutung des Autos in Pandemie Die anfangs der Woche vorgestellten Ergebnisse der TÜV Mobility Studie 2022 verdeutlichen ebenfalls das Spannungsfeld, in dem Mobilität derzeit wahrgenommen wird. Auch wenn ein Problembewusstsein bei den meisten Verkehrsteilnehmern vorhanden ist, wollen mehr als die Hälfte (56 %) in erster Linie flexibel und unabhängig sein. Entscheidend ist für 43 Prozent der Befragten zudem, möglichst schnell von A nach B zu gelangen. Der Kostenfaktor spielt für ein Viertel (26 %) eine Rolle, die Umweltfreundlichkeit der Transportmittel lediglich 19 Prozent. Die Bedeutung des Autos hat im Zuge der Coronakrise sogar noch zugenommen. Hatten zuvor 65 Prozent angegeben, den Pkw an Werktagen zu nutzen, sind es mittlerweile 72 Prozent. Während die Zustimmung zu öffentlichen Verkehrsmitteln im selben Zeitraum um 7 Punkte auf jetzt 25 Prozent
zurückging, konnte das Fahrrad immerhin einen leichten Zugewinn verbuchen. Etwa jeder Dritte (32 %) gab an, mit dem Rad werktäglich unterwegs zu sein. Den steigenden Absatzzahlen zum Trotz zeigt die TÜV-Studie beim Thema Elektromobilität, dass die Meinungen hier durchaus geteilt sind. Etwas mehr als die Hälfte glaubt, dass die Klimabelastung durch E-Autos deutlich (14 %) oder doch zumindest etwas (38 %) reduziert werden kann. Den Kauf eines Stromers ziehen nur rund ein Viertel (26 %) der Befragten in Betracht. Gegenargumente sind neben den hohen Anschaffungskosten vor allem die zu geringe Reichweite. Rund 44 Prozent halten zudem die derzeitige Ladeinfrastruktur für nicht ausreichend. ## ADAC Mobilitätsindex sieht dringenden Nachholbedarf in Punkto Nachhaltigkeit Dass sich Deutschland insgesamt schwertut, die Erfordernisse von individueller und ökologisch vertretbarer Fortbewegung unter einen Hut zu bekommen, hat der Ende Februar 2022 veröffentlichte Mobilitätsindex des ADAC herausgearbeitet. Die aus verschiedenen öffentlich zugänglichen Statistiken gewonnenen Daten, die erstmals die Gesamtzusammenhänge unseres Bewegungsverhaltens beleuchten sollen, zeigen, dass die Mobilität zwischen 2015 und 2019 in Richtung Nachhaltigkeit kaum vorangekommen ist. „Es muss gelingen, Mobilität weiterhin zu ermöglichen und gleichzeitig die großen gesellschaftlichen Ziele zu erreichen. Der Index zeigt, dass es in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, nachhaltige Mobilität voranzutreiben. Die Anstrengungen müssen deshalb ebenso erhöht werden wie das Tempo“, wird daher ADAC Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand auf der ADAC Webseite zitiert. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Vergleich der von jedem Bundesland erhobenen Daten. So hat etwa Bayern den höchsten E-Auto-Anteil im Bundesvergleich. Auf 2.000 Einwohner kamen hier bereits 2019 drei dieser Fahrzeuge, während Mecklenburg-Vorpommern die geringste Elektro-Pkw-Dichte (1 Fahrzeug pro 2564 Einwohner) aufwies. Auch beim Carsharing waren die Bayern spitze, zählen andererseits jedoch zu den Ländern mit besonders hoher Stau- und Emissionsbelastung und überdurchschnittlich vielen Verkehrstoten. Die höchste Motorisierungsquote aller Bundesländer weist hingegen das Saarland auf. Vor allem in Puncto öffentliche Verkehrsmittel besteht hier Nachholbedarf, hat der ADAC doch hier das schlechteste ÖPNV-Angebot ermittelt.
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