2021-07-06T08:56:50+0000

CO2 als Klimamittel: Was kommt auf Werkstätten zu?

In Fahrzeugen mit konventionellem Antrieb wird bei niedrigen Temperaturen die Abwärme des Motors zur Erwärmung der Fahrgastzelle verwendet. Für Kühlung im Sommer sorgt die Klimaanlage. Bei Elektrofahrzeugen fehlt bekanntlich die Abwärme eines Verbrenners – doch elektrische Heizsysteme haben einen hohen Strombedarf und reduzieren massiv die Reichweite. ## Vor- und Nachteile von Wärmepumpen Zur Reichweitenoptimierung setzen Fahrzeughersteller häufig auf eine Wärmepumpe, da diese energiesparender als eine elektrische Heizung ist. So wird etwa für eine Heizleistung von sechs bis sieben kW nur 1 kW elektrische Energie benötigt. Durch den Entzug der Wärmeenergie aus der Außenluft und einem geringen Anteil elektrischer Energie für den Antrieb des Klimakompressors, erreichen E-Fahrzeuge mit Wärmepumpe im Winter je nach Betriebssituation eine bis zu 20% höhere Reichweite gegenüber E-Fahrzeugen mit einer einfachen elektrischen Heizung. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich mit einer Wärmepumpe bei Bedarf kühlen oder heizen lässt und folglich nur ein System für das Thermomanagement von Innenraum und Hochvoltbatterie verwendet werden muss. Werden Wärmepumpen allerdings mit den üblichen chemischen Kältemitteln R134a und R1234yf betrieben, offenbart sich der größte Nachteil dieser Technologie: Bei Außentemperaturen unter -10 °C kann der Außentemperatur keine Wärme mehr entnommen werden und ein (elektrischer) Zusatzheizer muss zugeschaltet werden. ## CO2 als Kältemittel bald Standard in Mittelklassefahrzeugen Um die Vorteile der Wärmepumpen-Technologie auch bei tieferen Temperaturen einsetzen zu können, führte etwa der Hersteller Mercedes-Benz 2016 bei seinen Fahrzeugen der S- und E-Klasse das Kältemittel R744 (CO2) ein. Da die Nutzung von CO2 in einer normalen Klimaanlage jedoch technisch aufwendig und teuer ist, blieb diese bislang auf Kleinserien der Oberklasse beschränkt. Dies dürfte sich durch die Einführung einer CO2-Wärmepumpe in den Volkswagen Automobilen ID3 und ID4, dem Škoda Enyaq sowie dem Audi Q4 künftig jedoch ändern. Schon bald ist damit zu rechnen, dass entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge auch zum Werkstattalltag gehören werden. ## Das gilt es bei der Reparatur zu beachten Zwar überwiegen bei der Verwendung von CO2 die Vorteile deutlich – einige Punkte gilt es jedoch zu beachten. Das in den R744 Klimaanlagen verwendete Kohlendioxid (CO2) ist ein Technisches Kohlendioxid 3.0, welches nicht vergleichbar ist mit dem CO2 aus z. B. Bierzapfanlagen. Es besitzt eine Reinheit von 99,9 % und einen Wassergehalt von max.15 ppm. Aufgrund der geringen Gasdichte und der hohen Drücke entweicht CO2 bei einem Defekt viel schneller aus der Klimaanlage als die herkömmlichen Kältemittel R134a oder R1234yf. Grundsätzlich müssen R744-Klimaanlagen nach einem Unfallschaden, bei dem es zu einem schlagartigen Austritt des Kältemittels gekommen ist, gespült werden. Aufgrund des hohen Anlagendrucks wird ein Großteil des Kältemaschinenöls bei einer Leckage mit aus der Anlage gerissen. Da nicht erkennbar ist, wieviel Öl verloren gegangen ist, muss das gesamte System gespült werden, um im Anschluss kontrolliert die notwendige Menge an Öl in die Anlage einzubringen. Die korrekte Öl-Füllmenge ist
erforderlich, um eine konstante Funktion der Anlage zu gewährleisten. Seitens der Hersteller gibt es nach Angaben der IFL derzeit keine Informationen zu den im Umgang mit CO2-Wärmepumpen erforderlichen Arbeitsschritten – und somit auch keine eigenen Arbeitspositionen in den gängigen Kalkulationssystemen. Die Experten empfehlen Betrieben daher alle Arbeitsschritte als Nachweis für durchgeführte Arbeiten zu dokumentieren. ## IFL sieht Chance für neue Geschäftsfelder Grundsätzlich rät die IFL Reparaturfachbetrieben, sich beim Thema „Kältemittel“ nicht nur auf R134a oder R1234yf beschränken, da das Kältemittel R744 (CO2) auch die Möglichkeit biete, neue Geschäftsfelder zu erschließen und sich somit im Markt als Spezialist zu positionieren. Für die Wartung müssen Werkstätten allerdings in ein zusätzliches R744 Klimaservicegerät investieren – die IFL hat hier Anschaffungskosten zwischen 7.500 und 9.500 Euro recherchiert. [Die vollständige Technische Information der Interessengemeinschaft für Fahrzeugtechnik und Lackierung e. V. können Sie hier kostenfrei herunterladen.](https://schaden.news/download/link/gxA0)
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