2021-06-02T09:49:55+0000

„Häufigkeit und Komplexität der Kalibrierungen steigen“

Systemdiagnose, Komponentenfreischaltungen, Flashen, Justieren und Kalibrieren – vor dem Hintergrund der sich rasant entwickelnden Fahrzeugtechnologie werden diese Aufgaben vor allem für freie Betriebe immer komplexer. Bernd Schretter, Vertriebsleiter bei Hella Gutmann Solutions, sprach im exklusiven Interview über die Herausforderungen, die vor den Werkstätten liegen und welche Ausrüstung es braucht, um auch in Zukunft alle Fahrzeugtypen flexibel instand setzen zu können. ___Herr Schretter, welche Ausstattung benötigen Mehrmarkenbetriebe im Allgemeinen, um Diagnose und Kalibrierung heute und in den nächsten Jahren bewältigen zu können?___ __Bernd Schretter:__ Zunächst einmal ist es wichtig, bei der Auswahl der Diagnoselösung auf die Qualität, sprich hohe Markenabdeckung, gute Bedienerführung, regelmäßige Updates, Flexibilität und die Einbindung in ein gutes Service-Netzwerks zu achten. Es ist empfehlenswert, ein flexibles Multimarken-Produkt zu wählen, das sich über die Zeit durch Software-Up- bzw. -Downgrades auf den jeweiligen Bedarf des Betriebs anpassen lässt. So kann man auf zukünftige Herausforderungen oder Veränderungen reagieren und geht kein Risiko ein, auf das falsche Pferd gesetzt zu haben. Eine zusätzliche Remote-Lösung, mit der sich spezielle, an OE gekoppelte Aufgaben erledigen lassen, kann diagnoseseitig das i-Tüpfelchen bilden. ___Und wie ist das mit Ausrüstung für Kalibrierungen?___ __Bernd Schretter:__ Für das Kalibrieren von ADAS-Systemen gilt natürlich das Gleiche: Modulare Werkstattausstattung bringt praktische wie auch wirtschaftliche Vorteile. Eine Basisausstattung sollte auf jeden Fall die häufigsten Schadensbereiche, sprich Frontkameras und Frontradar abdecken. Aber die Möglichkeit für Erweiterungen um 360°-Kalibrierungen – Heck-, Seiten-, Rundum- und Lidarsysteme – ist extrem wichtig, denn diese Systeme nehmen stark zu. ___Nach welchen Kriterien sollten Werkstätten die meist modular aufgebauten Systeme auswählen und welche Bestandteile benötigt eine freie Werkstatt unbedingt?___ __Bernd Schretter:__ Für die Schadensreparatur führt heutzutage kein Weg an der Geräte-Paarung „Diagnose“ und „Kalibrierungs-Tool“ vorbei. Diese müssen grundsätzlich kompatibel sein. Bei Hella Gutmann heißen sie „mega macs“ und „CSC-Tool“. Von beiden gibt es Varianten. Wie schon ausgeführt, ist die Modularität ein ganz entscheidender Faktor. Hier spielt unser neuer mega macs X mit besonders flexibel gestaltbaren Diagnoseumfängen in der Spitzenliga. Beim Kalibrier-Tool ist es das CSC-Tool Digital, das wie das analoge CSC-Tool Teil eines großen System-Baukastens ist, der sich beliebig ergänzen lässt. Wer noch das i-Tüpfelchen möchte, ergänzt diese Gerätepaarung durch macsRemote. In Verbindung mit einem CSC-Tool Digital können dann selbst allerjüngste Fahrzeugmodelle aus der Ferne, also remote, kalibriert werden. ___Die Marktdurchdringung von Fahrerassistenzsystemen nimmt über alle Fahrzeugklassen hinweg kontinuierlich zu. Was schätzen Sie, welchen Einfluss hat das auf die Reparatur?___ __Bernd Schretter:__ Natürlich wird die Häufigkeit der Kalibrierungen in Werkstätten analog zu den steigenden Ausstattungsraten in Fahrzeugen steigen. Zusätzlich werden, bedingt durch die Zunahme der verschiedenen Systeme / Sensoren, auch die Komplexität und der Umfang der Kalibrierungen steigen. Dennoch sehen wir bei einer
Unfallinstandsetzung nach wie vor die handwerkliche Arbeit und deren Qualität im Vordergrund – mit sowohl zeit- und kostenseitigen Auswirkungen. Schäden müssen auch in Zukunft fachgerecht repariert werden. Das wird mit teilautonomen Fahrfunktionen sogar existenziell wichtig. ___Die Neuanschaffung oder Erweiterung von Kalibrier- und Diagnoseausrüstung ist natürlich auch mit einem ansehnlichen Invest verbunden. Warum sollten Mehrmarkenbetriebe dennoch in die Diagnose- und Kalibriertechnik investieren? ___ __Bernd Schretter:__ Hierzu gibt es eine einfache Antwort: Eine handwerklich korrekte Arbeit endet damit, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß repariert an den Kunden übergeben wird. Und dazu gehört eine abschließende Kalibrierung der ADAS-Systeme, wenn diese direkt oder indirekt betroffen waren. Auch wenn nur Sensoren de- und wieder montiert wurden. Diese Dienstleistung muss natürlich nicht kostenlos erfolgen. ___Und wann amortisiert sich die Investition?___ ___Bernd Schretter:___ Bis wann sich eine Investition amortisiert, hängt von vielen Faktoren ab und kann seriös nur fallbezogen berechnet werden. Doch eine dauerhafte „Außer-Haus-Vergabe“ dieser Tätigkeiten an den Markenbetrieb kann sich unter Berücksichtigung aller damit verbunden Kosten nur schwerlich rechnen. Weitere Aspekte, wie Planungsabhängigkeit und Kompetenzverlust, sprechen klar gegen die Vergabe und für die Investition in eigenes Kalibrier-Equipment. ___Vielen Dank für das Gespräch!___
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