Von
 
2021-03-10T13:56:32+0000

„Der Meistertitel war die beste Entscheidung meines Lebens“

Für den gelernten Fahrzeuglackierer Marco Herrmann war schnell klar: Der Gesellenbrief sollte nicht der Höhepunkt seiner beruflichen Karriere werden. „Das Lackieren und Vorbereiten hat mir zwar immer Freude bereitet. Aber ich war mir auch sicher, dass ich es nicht dabei belassen möchte, sondern in diesem Berufsstand die höchste Qualifikation erreichen möchte“, erinnert sich der heute 43-Jährige. Nachdem er zunächst als Geselle in einem K&L-Betrieb Erfahrung gesammelt hatte, begann er 2005 die Meisterausbildung in der Abendschule. „Mir war wichtig, dass ich weiter meiner Arbeit nachgehen kann. Außerdem wollte ich die Meisterschule aus eigener Tasche bezahlen. Das war mir in dem Zeitraum von zwei Jahren besser möglich.“ Als besonders wertvoll erachtet Marco Herrmann – neben dem umfangreichen Wissensvermittlung – auch die vielen Kontakte, die er während seiner Meisterschule knüpfen konnte. Noch während der Meisterschule nahm er die Chance wahr, sich auf eine freie Stelle als Außendienstmitarbeiter bei 3M zu bewerben. „Der Meistertitel war Einstellungsvoraussetzung dafür. Ich musste also unbedingt bestehen!“ 2007 schloss er die Meisterschule erfolgreich ab. Heute motiviert er als Anwendungstechniker auch zahlreiche Junggesellen, den gleichen Weg zu gehen. Marco Herrmann meint: „Der Meistertitel war die beste Entscheidung meines Lebens.“ ## Vielfältige Fortbildungsinhalte „Beim Gesellenbrief ist noch längst nicht Schluss“, war auch das Credo von Timmy Müller. Der 26-Jährige ist einer der Teilnehmer der aktuellen Vollzeit-Meisterschule an der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main in Weiterstadt. „Ich wollte mich schon immer weiterentwickeln und stand Weiterbildungen immer offen gegenüber“, beschreibt der gelernte Fahrzeuglackierer. Zudem sei sein Ziel ganz klar die Selbständigkeit. Auf ein telefonisches Infogespräch Ende November mit der Handwerkskammer folgte gleich am nächsten Tag die Anmeldung für den Meisterkurs: „Da habe ich tatsächlich den letzten Platz ergattert“, berichtet Timmy Müller. Um den Meisterkurs in Vollzeit absolvieren zu können, hat er seine Anstellung in einem K&L-Betrieb in Frankfurt/Main gekündigt. Nun sitzt er montags bis samstags in der Meisterschule in Weiterstadt und beschäftigt sich derzeit mit den Ausbildungsteilen I und II. „Ich bin überrascht, wie vielseitig die Meisterausbildung ist“, erklärt Timmy Müller. ## „Der Meistertitel ist ein Qualitätssiegel“ Die Vielseitigkeit der Ausbildung und die damit verbundenen Möglichkeiten im Beruf ist auch für Mariusz Dechnig immer wieder das entscheidende Argument, wenn er über die Meisterschule für Fahrzeuglackierer spricht: „Der Meistertitel ist etwas ganz besonderes und ein Qualitätssiegel: Meister sind gleichzeitig gute Handwerker und haben eine betriebswirtschaftliche Ausbildung. Zudem haben sie auch die Befähigung, Nachwuchskräfte auszubilden“, beschreibt der Fachzentrumsleiter für Fahrzeuglackierung bei der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main. Das Fachzentrum ist Teil des digitalen Angebots des Rhein Main Campus der Handwerkskammer Frankfurt-Rhein-Main, der Lehrgang wird am Weiterstädter Berufsbildungs- und Technologiezentrum (BTZ) angeboten. Wer einen Meistertitel habe, sei gleichzeitig ein perfekter Techniker, Personalführer, Ausbilder und fit in betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten. ## Sorge bei Grauzone Spot-Repair Deshalb ist Mariusz Dechnig auch froh, dass die Meisterpflicht im Fahrzeuglackierhandwerk nach wie vor besteht. Sorge bereite ihm der Bereich Spot Repair, wo nach wie vor Betriebe auch von Lackierern ohne Meistertitel gegründet werden dürfen. „Für Kunden ist hier nicht sofort offensichtlich, dass mitunter kein Meister am Werk ist.“
Darunter, so befürchtet Mariusz Dechnig, könne der Ruf des gesamten Handwerkszweigs leiden. Als Beispiel führt er das Fliesenleger-Handwerk an, bei dem die Meisterpflicht seit 2004 durch eine Gesetzesnovelle aufgehoben wurde. „Die Folge war ein Boom an Ein-Mann-Betrieben, einer unterdurchschnittlichen Ausbildungsquote und einem hohen Bedarf an Gutachten durch zahlreiche Regressforderungen“, erinnert sich Mariusz Dechnig. Mittlerweile ist das Fliesenlegerhandwerk wieder zur Meisterpflicht zurückgekehrt. ## Vollzeit-, Teilzeit oder Hybridausbildung? Von den laut Zentralverband des Deutschen Handwerks rund 1.200 Fahrzeuglackiergesellen pro Jahr absolviert nach Angabe des Verbandes ungefähr jeder fünfte im Anschluss die Meisterschule. Der momentane Vollzeitkurs, den Mariusz Dechnig am Rhein Main Campus in Weiterstadt leitet, ist mit 14 Teilnehmern voll besetzt. Die Inhalte der Teile I und II sind bis Juni durchgeplant. Daran schließen sich die Ausbildungsteile III und IV an (siehe Infobox links). Daneben bietet die Handwerkskammer den Meisterkurs auch in Teilzeit über zwei Jahre sowie die Teile III und IV auch als Hybrid-Seminar (60 Prozent Online, 40 Prozent Präsenz) an. Somit könne jeder Geselle, der den Meistertitel anstrebt, entscheiden, mit welchem Lebensentwurf sich die Fortbildung am besten vereinen lässt. ## Zuschüsse, Prämien und zinsgünstige Darlehen Mehrere tausend Euro kostet die vierteilige Meisterausbildung inklusive Kurs- und Prüfungs- und Materialgebühren. Hinzu kommt, dass Teilnehmer einer Vollzeit-Meisterfortbildung ihren Lebensunterhalt oftmals nicht mit dem Lohn einer Anstellung bestreiten können. Mariusz Dechnig rät dazu, dies nicht als Hürde zu betrachten: „Die Förder- und Zuschussmöglichkeiten für die Meisterfortbildung sind sehr vielfältig. Wer sich damit befasst und Anträge ausfüllt, der muss letztendlich nur einen kleinen Teil der Kosten selbst tragen oder zurückzahlen – und selbst dafür gibt es zinsgünstige Darlehen.“ Eine Übersicht über die Fördermöglichkeiten, Zuschüsse und Prämien erhalten Sie in der Infobox links.
Lesens Wert

Mehr zum Thema