2017-10-25T19:16:46+0000
# Auf der Suche nach Perspektiven Rund 250 Teilnehmer trafen sich zum 13. Schadenforum der Autohaus Akademie in Dresden. Auf der Agenda standen vor allem Themen wie Schadenmanagement, Chancen und Herausforderungen für Autohäuser oder Schadensteuerung aus dem Blickwinkel der Versicherer. ## Wie positionieren sich Automobilhersteller im Unfallschadenmarkt? Einblick in die Welt der Unfallschadenreparatur von Volkswagen gab Thomas Brüggemann, Leiter Schaden- und Dienstleistungsmanagement Volkswagen Leasing GmbH. Im ersten Halbjahr 2017 wurden nach seinen Angaben 226.000 Schäden im Auftrag des VW Versicherungsdienstes, der VW Autoversicherung und des Leasing Schadenservice repariert. „Wir bringen den Unfallschaden immer stärker in das Autohaus“, erklärte Thomas Brüggemann. Ob die Automobilhersteller sich im Reparaturgeschäft erfolgreich positionieren können, stellten viele Teilnehmer am Rande des Schadenforums in Frage. Frank Schuler, Leiter After Sales der Wellergruppe GmbH, sprach den Automobilherstellern im Rahmen des offiziellen Programms die Kompetenz zur Unfallschadenreparatur ab.
## Rechnungskürzungen bestimmen Gespräche in der Werkstattwelt Unter den Teilnehmern beim Schadenforum waren nur wenige Karosserie- und Lackierbetriebe. Die anwesenden Inhaber sprachen im Kongresszentrum in Dresden vor allem über ein Thema: unberechtigte Rechnungskürzungen durch Prüfdienstleister. ZKF-Präsident Peter Börner thematisierte das Streitthema dann während der Diskussionsrunde auf dem Podium. In den persönlichen Gesprächen mit betroffenen Betriebsinhabern wurden diese konkret: „Wie soll man für 1 AW nach Herstellervorgabe einen Parksensor reparieren?“, fragten zum Beispiel Andreas Lau (Bosch Autoservice) und Uwe Schuffenhauer (Lack Eins) am Rande der Veranstaltung. Die Reparaturempfehlungen des Allianz Zentrums für Technik (AZT) bemisst 3 AW und das sei schon zu wenig, befanden die Unternehmer. „Der Prüfdienstleister kürzt die Arbeitszeitwerte auf die Herstellervorgabe. Das geht gar nicht.“ ControlExpert, Claims Controlling und Eucon waren unter den Teilnehmern in Dresden, wurden aber in die Diskussion beim Schadenforum offiziell nicht einbezogen. Peter Börner kritisierte in der Diskussionsrunde vor allem die Kürzung von Werkstattrechnungen bei freigegebenen Kostenvoranschlägen. „Wir erleben immer öfter, dass Positionen in Rechnungen gestrichen werden, die aber schon in der Schadenkalkulation aufgeführt waren und freigegeben wurden.“ Seiner Erfahrung nach können sich K&L-Betriebe vor allem dann gegen Rechnungskürzungen wehren, wenn ein Anwalt eingeschaltet wird. ## „Die Stundenverrechnungsätze müssen steigen!“ Während des Schadenforums in Dresden blitzte auch die aktuelle Entwicklung der Stundenverrechnungssätze auf.
„Der administrative Aufwand in den Werkstätten wächst ständig, der steigende Anteil unproduktiver Arbeitszeiten belastet die Betriebe zusehens und wird nicht bezahlt“, stellte der ZKF-Präsident fest. BVdP-Geschäftsführer Robert Paintinger schaltete sich in die Diskussion ein und erklärte: „85 Prozent der K&L-Betriebe können von der eigenen Arbeit im Reparaturgeschäft mit gesteuerten Schäden nicht mehr leben. Die Stundenverrechnungssätze müssen steigen!“ Die aktuelle Konjunktur- und Stimmungsabfrage der Mitgliedsbetriebe des Bundesverbandes zeige, dass sich die Lage weiter verschlechtere. Auch der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) kam im Vergleich seiner Branchenberichte der vergangenen 15 Jahre zu dem Ergebnis, dass die Rendite in den Fachbetrieben in dieser Zeit von neun auf unter drei Prozent gesunken sei. „Vor dem Hintergrund der anstehenden technischen Investitionen und steigender Löhne ist die Situation katastrophal“, hieß es aus den Reihen teilnehmender Betriebsinhaber. ## Ersatzteilpreise in der Kritik In der Diskussion standen auch die stetig steigenden Ersatzteilpreise. „Wir sehen jedes Jahr, dass die Kosten um rund fünf Prozent zunehmen“, erklärte Matthew Whittall, Vorstandsvorsitzender der Innovation Group. „Der beste Weg der Preissteigerung aus dem Weg zu gehen, ist, einfach kein Ersatzteil einzubauen.“ Daniela Dux, Abteilungsleitung Unfallschadenmanagement bei LeasePlan Deutschland, kritisierte ebenfalls, dass der Lohnanteil bei der Instandsetzung immer geringer und die Teilebeschaffungskosten immer größer werden. Aus ihrer Sicht werden Instandsetzungssysteme, wie Miracle von Carbon, künftig noch interessanter, um den „Kostentreiber Teile“ abzufedern.
## Carbon: „Lösen Sie sich aus der Umklammerung der Automobilhersteller“ Wolfgang Schüssler, OEM-Manager bei Carbon, stellte in Dresden die technischen Möglichkeiten und den strategischen Wert des Miracle Systems vor. „Mit unserem Konzept lösen Sie sich aus der Umklammerung der oftmals unrealistischen Herstellervorgaben. Verkaufen Sie Ihre Arbeitszeit, anstatt teure Teile zu verbauen.“ Seinen technischen Schwerpunkt legte Wolfgang Schüssler in Dresden auf die Rückverformung hochfester Bleche und von Aluminiumteilen am Fahrzeug. ## Schadenregulierung wird digitaler Immer wieder stand in Dresden auch die Digitalisierung der Schadenregulierung auf dem Plan. Ob die Reparaturnachverfolgung im Schadenservice von Volkswagen, die Weiterentwicklung webbasierender Systeme wie Zoom bei Innovation Group oder die Umsetzung digitaler Prozesse im Betrieb: „Standards und Qualitätssicherung in der Unfallschadenreparatur sind nach wie vor wichtig. Immer wichtiger wird jedoch, dass die Prozesse reibungslos, schnell und nachvollziehbar laufen“, erklärte Matthew Whittall und nannte ein Beispiel: „Ist die Instandsetzung top, aber die Fahrzeug-Übergabe oder die Terminvereinbarung mit dem Autofahrer läuft schief, erzielen Sie auch nur eine mäßige oder schlechte Kundenzufriedenheit.“ Zudem werden die Veränderung der Halterstruktur (mehr Flotten-, Leasing- und Car-Sharing-Fahrzeuge) und die Weiterentwicklung des Schadenmanagements digitale Prozesse vorantreiben, waren sich Daniela Dux von LeasePlan, Matthew Whittall und Thomas Geck (Leiter Schaden Prozess-Management HUK-COBURG) einig.
„Wir werden uns auf die Digitalisierung einstellen“, betonte Pascal Dobberkau, Betriebsinhaber aus Berlin. „Wichtig ist, dass man die Mitarbeiter im Unternehmen dabei mitnimmt und für digitale Prozesse begeistert.“ Seine Erfahrung ist aber auch: „Wenn ein Mitarbeiter den Weg nicht mitgehen kann, dann trennen sich die Wege eben auch einmal.“ ## Welche Rolle spielen Sachverständige in Zukunft? Nach Einschätzung von Michael Jänchen, Geschäftsführer SSH Schaden-Schnell-Hilfe GmbH wird trotz voranschreitender Digitalisierung künftig die Kompetenz der Sachverständigen benötigt. „Der digitale Schadenprozess braucht Daten auf Basis verlässlicher und fachgerechter Gutachten, die kompetente Sachverständige liefern.“ Allerdings ändere sich das Aufgabenfeld der Experten. „In Zukunft kommt es nicht nur auf die Feststellung der Schadenhöhe an, sondern auch darauf, wie der Schadenverlauf entstanden ist.“ ## Schadenmanagement nimmt zu, konsolidiert sich der Markt? Pascal Dobberkau rechnet damit, dass der Anteil an gesteuerten Schäden künftig weiter zunimmt. „Wir sind als Betrieb mit der Schadensteuerung gewachsen. Allerdings bedeutet mehr Umsatz nicht automatisch mehr Rendite“, erklärte er beim Schadenforum. „Um tatsächlich Geld zu verdienen, müssen die Arbeitsabläufe stimmen und am Ende müssen wir als Betriebe auch den Stundenverrechnungssatz verhandeln.“ Pascal Dobberkau hält dabei seit Jahren eine „goldene Regel“ ein: Der Umsatz pro Kunde im Schadenmanagement darf einen Anteil von zehn Prozent nicht übersteigen, um Abhängigkeiten zu vermeiden.
Für Roy de Lange, Geschäftsführer des Franchise-Systems Fix Auto Deutschland, liegt der Anteil der gesteuerten Schäden in Deutschland im internationalen Vergleich noch auf einem sehr niedrigen Niveau. „In Großbritannien wird nahezu jeder Unfallschaden gesteuert. Hier lenken Versicherer, Schadennetze und Schadenmanager 80 Prozent der Reparaturaufträge in ihre Partnerwerkstätten – verteilt wird anhand von Kennzahlen wie Kundenzufriedenheit oder Schadenkosten.“ Er zeigte den Teilnehmern in Dresden auf, wie sich in den USA oder den Niederlanden der Markt konsolidiert hat. „Heute sind in den Niederlanden mehr als 50 Prozent der Karosserie- und Lackierbetriebe an Netzwerke oder Ketten angeschlossen. In den USA hat sich die Anzahl der Werkstätten innerhalb von zwei Jahrzehnten mehr als halbiert.“ In nur drei Jahren hat sich dagegen die Anzahl der Werkstätten in Netzwerken verdreifacht. Einen entscheidenden Grund für die Marktkonsolidierung sieht Roy de Lange in der aktuellen Finanzlage. „Es ist viel Geld im Markt. Pensionsfonds und Private Equity treiben diese Entwicklung voran.“ ## Netzwerke werden wachsen In Deutschland sind es vor allem die Lackhersteller, die Netzwerke von Karosserie- und Lackierbetrieben initiiert haben. Die aktuelle Entwicklung zeigten die Key Account Manager von Axalta Coating Systems, Karsten Stöcker und Stephan Ortmann, auf. Deutlich wurde dabei, dass auch in Werkstattnetzen wie IDENTICA, Repanet, Five Star oder Profi-Club die Digitalisierung vorangetrieben wird. „Wir haben für unsere Netze das System Repscore.net entwickelt, um Auftraggeber und Werkstätten zusammenzubringen und die Beauftragung zu erleichtern“, erklärte Stephan Ortmann. Dabei handelt es sich um ein webbasierendes Portal, das es Flottenbetreibern oder Versicherern ermöglicht, aus teilnehmenden Betrieben ihr eigenes, dynamisches Werkstattnetz zusammenzustellen. Eine neue Entwicklung, die gerade erst Fahrt aufnimmt.
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