2016-03-24T15:39:38+0000
# „Wir erleben den Umbruch unserer Branche“ **Herr Börner, der Unfallschadenmarkt scheint in diesem Jahr bislang recht schwach gestartet zu sein. Aus vielen Regionen hören wir, dass das Reparaturvolumen sowohl im Januar als auch im Februar in vielen Betrieben rückläufig war und auch der März bisher scheinbar schlecht läuft. Wie ist Ihr Eindruck?** Peter Börner: Das Jahr 2016 ist in der Tat recht schwach gestartet. Zwar haben wir in den ersten zwei Monaten immer einen Rückgang gegenüber den Vormonaten November und Dezember, aber in diesem Jahr spüren Betriebe in nahezu allen Regionen, dass das Unfallreparaturgeschäft verhalten läuft. Sicher spielt die Witterung eine Rolle, denn ohne Schnee und Blitzeis gibt es auch weniger Unfälle. **Nach wie vor ist die Beilackierung das Streitthema Nummer eins in der Branche. Wie geht es jetzt weiter, nach dem ergebnislosen Aus der Arbeitsgruppe Ende vergangenen Jahres?** Peter Börner: Eine Botschaft zu diesem Thema vorweg: Einige Mitglieder der Verbände fragen sich, warum der ZKF in dieser Angelegenheit so aktiv ist, denn es wäre aus betrieblicher Sicht kein akutes Thema. Der ZKF sieht hier allerdings wohl eine Interessenslage für die Betriebe. Wenn erst der Lackierfachmann nach dem zweiten Farbmuster entscheidet, ob beilackiert wird oder nicht, bedeutet das in jedem Fall: die Reparatur erfolgt zunächst auf Basis eines Kostenvoranschlages, wenn die Beilackierung im Verlauf der Instandsetzung erforderlich wird, ist dies eine Umfangserweiterung während der Reparatur.
Eine weitere zusätzliche Belastung der Betriebe im Werkstattablauf, denn Reparaturerweiterungen sind hoher Aufwand in der Abstimmung der Beteiligten. Dies nur zur Erklärung vorweg. Jetzt zu Ihrer Frage: Bisher gibt es in der Sache keinen neuen Stand. Nach wie vor gilt das Merkblatt aus dem Jahr 2009, das wir gemeinsam mit den Verbänden und der Versicherungswirtschaft vereinbart haben. Somit geht nun erneut die Empfehlung an unsere Mitglieder: Wenn der exakte Farbton unter allen Abwägungen nicht zu erzielen ist, also die Beilackierung erforderlich wird, dann sind bereits ein bis zwei Farbmuster erstellt. Diese müssen dokumentiert werden, ebenso wie die Beilackierung selbst – möglichst mit Fotos – und dann gehören diese Positionen auf die Rechnung, so wie im Merkblatt vereinbart. **Wie geht es jetzt weiter?** Peter Börner: Darüber hinaus arbeiten wir als Zentralverband daran, die Farbtonangleichung in Kasko-Fällen in den Griff zu bekommen. Für eine außergerichtliche Einigung mit dem Versicherer gibt es in Streitfällen das sogenannte Sachverständigenverfahren. Wir arbeiten jetzt daran einen Weg zu finden, wie die Betriebe berechtigte Forderungen bezahlt bekommen, notfalls mit dem Sachverständigenverfahren. **Was sollte der Betrieb bei der Schadenkalkulation speziell bei der Farbtonangleichung beachten?** Peter Börner: Wichtig ist, dass wir im Kostenvoranschlag den Reparaturumfang vollständig beschreiben. Wenn wir beispielsweise die Position „Beilackierung“ dort nicht aufführen, dokumentieren wir aber auch, dass diese nicht erforderlich ist.
Die Betriebe sollten die Muster und die Schadenstelle mit aussagkräftigen Bildern dokumentieren und diese mit dem Verweis auf das Merkblatt zusammen mit der Rechnung an den Versicherer senden. Dazu muss der Betrieb schon bei der Annahme mit dem Lackierer in der Werkstatt festlegen, ob eine Farbtonangleichung wahrscheinlich wird. Damit thematisiert der Betrieb von Anfang an die Beilackierung – und nicht erst nach der Ausführung bei der Rechnungstellung. **Vor vier Wochen hat die HUK-COBURG ihren Einstieg in den Autoservice vorgestellt. Wie sieht der Zentralverband die Entwicklung? Was bedeutet der HUK-Autoservice für die K&L-Branche insgesamt?** Peter Börner: Der HUK-Autoservice wird die Branche nachhaltig verändern. Auf der anderen Seite bieten heute schon viele K&L-Betriebe Inspektionen, HU/AU oder Reifenservice an. Allerdings nicht so strukturiert und offensichtlich, wie es das Konzept der HUK-COBURG vorsieht. Entscheidend wird am Ende des Tages sein, wie viele Betriebe sich tatsächlich dem Partnerwerkstatt-System anschließen. Grundsätzlich gilt: Jeder Betrieb muss genau abwägen, ob sich der Einstieg in den Autoservice wirklich lohnt. Klar ist aber schon jetzt, dass sich der Markt mit diesem Vorstoß der HUK-Coburg nachhaltig verändern wird. Auf Aktion folgt Reaktion und ich erwarte von den Fahrzeugherstellern eine entsprechende. **Gibt es Entscheidungshilfen für Betriebe, um Chancen und Risiken des Autoservice zu beurteilen?** Peter Börner: Wir haben uns das Konzept der HUK-COBURG genau angeschaut. Die Messlatte für K&L-Betriebe liegt hoch.
Es wird für die Betriebe nicht leicht als Partnerwerkstatt beim HUK-Autoservice erfolgreich mitzuspielen. Jeder Unternehmer muss genau durchrechnen, ob sich die Investition in Mitarbeiter und technische Ausstattung lohnt. Der Zentralverband geht davon aus, dass eine Partnerwerkstatt, die HUK-Autoservice anbietet, zwei Mechaniker beschäftigten muss. Damit sich das Personal rechnet, wird der Betrieb bis zu acht Aufträge am Tag annehmen müssen. Das bedeutet: acht Kundengespräche am Vormittag und acht am Abend, acht Mal Teile bestellen, in vielen Fällen Ersatzwagen bereitstellen und Teilenachbestellungen – viel zu stemmen für einen K&L-Betrieb. Zumal auch die Arbeitsabläufe noch getakteter, reibungsloser und einfacher ablaufen müssen als in der Unfallschadenreparatur. **Also mehr Risiko als Chance?** Peter Börner: Es kommt einfach darauf an, wie der K&L-Betrieb räumlich, strukturell und personell und wie investitionsstark er aufgestellt ist. Natürlich bietet der Autoservice auch Chancen. Denn in den kommenden Jahren werden Mechanik, Karosserie und Lack immer stärker zusammenwachsen. Auch getrieben von der Entscheidung der HUK-COBURG. Die Betriebe, die jetzt ihre Kompetenz um Elektronik und Mechanik erweitern, stellen sich also besser für die Zukunft auf. Dennoch gehen wir davon aus, dass im ersten Anlauf nur 10 bis 15 Prozent der K&L-Betriebe jetzt diesen Weg einschlagen werden. Neben diesen genannten Aspekten, wird sicher das vorgestellte CI „Die Partnerwerkstatt“ der HUK-Coburg für Irritationen sorgen. Wie gehen andere Schadenlenker mit dieser Vorgabe um? Was machen BOSCH Car Service und IDENTICA Betriebe? Unabhängig dieser Fragen hat der ZKF schon in den ersten Gesprächen mit der HUK-Coburg auf die Beachtung des EUROGARANT-Fachbetrieb Erscheinungsbildes hingewiesen, welches, so die Aussage, wie bisher bestehen bleibt.
**Eines der wichtigsten Projekte, die ZKF und Eurogarant in diesem Jahr vorantreiben, heißt repair-pedia. Auch hier geht es darum, die Kompetenz der freien Betriebe zu stärken.** Peter Börner: Das ist richtig. Wir erleben zurzeit den Umbruch unserer Branche. Das betrifft die Serviceleistungen, das betrifft aber vor allem die Digitalisierung und damit auch den Zugriff auf Reparaturdaten. Mit repair-pedia werden wir bis September dieses Jahres rund zwei Millionen Reparaturhinweise online zur Verfügung stellen. Schon im nächsten Monat werden die ersten Daten hochgeladen. Dann sind 3.500 ZKF-Tipps, 1.000 IFL-Meldungen und 100 Kti-Studien und Resolutionen der Deutschen Kommission über repair-pedia.eu im Web abrufbar. **Wie funktioniert repair-pedia?** Peter Börner: repair-pedia ist Google für die Datenbanken, die relevante Reparaturinformationen und -hinweise bieten. Darüber hinaus will repair-pedia auch Wikipedia und Technik-Forum für die Werkstatt, den Sachverständigen sowie die Versicherung sein. Nach dem Login gibt der Betrieb Anwender in einem Suchfeld das Fahrzeugmodell ein, zu dem Reparaturinformationen benötigt werden. repair-pedia zeigt dann eine Ergebnisliste, die durch Relevanz und Bewertungen qualifiziert ist. Das heißt: die konkretesten Informationen zum Suchergebnis finden sich ganz oben auf der Liste. Der User kann dann das Suchergebnis weiter eingrenzen, zum Beispiel über das Baujahr eines Fahrzeuges. **Welche Reparaturinformationen sind auf repair-pedia zu finden?** Peter Börner: Neben den ZKF-Tipps, IFL-Meldungen, Kti-Studien und Resolutionen der Deutschen Kommission werden auch Reparaturinformationen der Automobilhersteller, den bekannten Datenanbietern sowie Hinweise der Reparatur-Lackhersteller und vielen anderen im System abrufbar sein. repair-pedia wird die umfassendste Datenbank werden, die es in unserer Branche gibt. Das ist unser Anspruch aus der ZKF Agenda 2020 heraus. Vielen Dank für das Gespräch!