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2012-10-16T10:42:45+0000
# „Weitere Nullrunden darf es nicht mehr geben“ Die Schadensteuerer müssen die Stundenverrechnungssätze der Kostenentwicklung anpassen, so lautet eine Forderung vom **BVdP-Geschäftsführer Robert Paintinger**. Im exklusiven colornews.de-Interview bezieht Robert Paintinger klare Positionen zu vielen aktuellen Themen und benennt die nächsten Ziele des Verbandes. Die Marktmacht der Versicherer, wachsendes Anspruchsdenken, fehlendes Vertrauen – Robert Paintinger packt heiße Eisen an und spricht aus, was oft unausgesprochen bleibt. Ein ausführlicher Klartext, der sich zu lesen lohnt! **Teilen Sie die Meinung von Matthew Whittall: „In fünf Jahren wird jeder zweite Kasko-Schaden gesteuert“?** **Robert Paintinger:** Ganz ehrlich, ich habe keine Ahnung, ob das so stimmt oder nicht. Natürlich sorgt der hohe Kostendruck bei den Versicherern dafür, dass mehr Schäden gesteuert werden müssen. Wenn man sich zum Beispiel aber anschaut, wie schwerfällig manche Versicherer mit dem Thema Steuerung umgehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass die Entwicklung so stark sein wird. **Anspruch und Wirklichkeit klaffen also auseinander?** **Robert Paintinger:** Ich kenne einen Fall, wo ein Sachbearbeiter einer großen Versicherung, die bereits seit Jahren aktiv steuert, immer noch keinen Schimmer von Schadensteuerung hatte und seinen eigenen Chef bei einem Kaskofall nicht in die Partnerwerkstatt gesteuert, sondern ihm aktiv angeboten hatte, er möge doch in einer Werkstatt seiner Wahl reparieren lassen. Ja, Anspruch und Wirklichkeit klaffen hier deutlich auseinander. MehrSteuerung lässt sich nur durch beispielsweise mehr Schulung der Mitarbeiter umsetzen. Und jetzt nennen Sie mir einen Versicherer, der in der derzeitigen Situation wirklich Geld in die Schulung von Mitarbeitern in der Kraftfahrt-Sparte stecken möchte.
Bleibt noch der Weg, gleich Policen mit Werkstattbindung zu verkaufen. Was manche Agenten aus verschiedensten Gründen von solchen Policen halten, mag ich hier gar nicht weiter ausführen. Da wird wohl eher das Internet als Vertriebsweg in Frage kommen und dort steigen die vermittelten Abschlüsse schon ganz deutlich. Daher mein Credo: Schadensteuerung wird zunehmen, in welchem Umfang, vermag ich nicht zu sagen. **Worauf müssen sich die K&L-Betriebe in Zukunft einstellen, die mit der HUK-Coburg, Innovation Group oder anderen Schadenlenkern zusammenarbeiten?** **Robert Paintinger:** Grundsätzlich müssen die Betriebe damit klar kommen, dass immer mehr von ihnen verlangt wird. Mehr Kapazität, mehr Flexibilität, mehr Effizienz, mehr Prozessorientierung, mehr Qualifikation, mehr Investition, mehr Geld für die Mitarbeiter… Leider ist die Bereitschaft der Steuerer, das alles in einem angemessenen Stundenverrechnungssatz zu berücksichtigen, noch nicht in dem Maße gestiegen, welches eigentlich notwendig wäre. Das sorgt bei vielen Betrieben nicht unbedingt dafür, dass sie sehr zuversichtlich in die Zukunft blicken. Die Tendenz, dass immer mehr gearbeitet werden muss und damit immer weniger verdient wird, ist klar zu erkennen und setzt die Betriebe massiv unter Druck, ihre Effizienz laufend zu verbessern. Wir vom [BVdP](http://www.bvdp.info/ "Page break") sagen ganz klar: „Schadensteuerung muss sich für alle rechnen, sowohl für die Steuerer als auch die Betriebe“. Aber weitere Nullrunden und nicht eingehaltene Versprechen darf es zukünftig nicht mehr geben, wenn die Leistungsfähigkeit der Betriebe in dem jetzigen Maße erhalten werden soll. Bei aller Kooperationsbereitschaft, nochmal werden sich das unsere Betriebe nicht gefallen lassen.
**Noch immer kämpfen Partnerwerkstätten tagtäglich mit dem Schadenmanagement. Wo sehen Sie Probleme in der Zusammenarbeit?** **Robert Paintinger:** Wie schon gesagt, das größte Problem wäre es, wenn die Steuerer jetzt meinten, sie könnten die Stundenverrechnungssätze nicht zumindest der Kostenentwicklung anpassen. Zum Glück ist dieses Jahr der mittlere ortsübliche Stundenverrechnungssatz der DEKRA im Internet aktualisiert worden. Das hilft den Betrieben, deren Konditionsgestaltung sich an diesem Satz orientiert. Bei bestimmten Steuerern, die ohnehin ihre eigene Suppe kochen und sich um den mittleren ortsüblichen Stundenverrechnungssatz wenig scheren, habe ich trotz vieler Apelle und Gespräche noch keine besonders große Bereitschaft zu großzügigen Anpassungen erkannt. Ich hoffe, dass hier in den nächsten Tagen und Wochen die Vernunft siegt und es klar zumindest zu einem Ausgleich der gestiegenen Kosten kommt. So geht es jetzt jedenfalls nicht mehr weiter. **Was stört Sie aktuell besonders?** Was mich auch massiv stört, ist, wenn Vereinbarungen nicht so umgesetzt werden, wie sie getroffen wurden. Wenn man seine Marktmacht nutzt, um getroffene Vereinbarungen zu untergraben. Dasist kein besonders seriöses Geschäftsgebaren und zerstört ein über Jahre aufgebautes Vertrauen. Und richtig sauer werde ich, wenn es um Daten der Betriebe geht und der Verdacht aufkommt, dass diese weiter gegeben werden. Wir sind da gerade an einer Sache dran, die ich noch nicht genauer ausführen möchte. Aber wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, sind wir vom BVdP gewillt, auch weitere Schritte einzuleiten.
**Wie sollen Betriebe reagieren, wenn Sie mit Versicherern oder Schadenlenkern im Abwicklungsprozess auf Probleme stoßen oder sich unfair behandelt fühlen?** **Robert Paintinger:** Ganz einfach: dem BVdP beitreten und bei uns anrufen. Wir bieten hier wirklich individuelle Betreuung an und sammeln vor allem die Vorkommnisse. Da wird es dann schon schwierig zu sagen: „Das ist aber nur bei Ihnen so, liebe Partnerwerkstatt XY.“ Nicht helfen können und wollen wir aber Partnerwerkstätten, die regelmäßig Mist bauen, sich nicht an Vereinbarungen halten, unsauber kalkulieren, selbst die Prozesse stören usw. Fairness fordern wir von den Steuerern, genauso aber auch von unseren Mitgliedern. **Sie führen gerade mit Innovation Group intensive Gespräche über die Erstellung einer Vereinbarung zwischen Werkstätten und Versicherern. Was bringt das?** **Robert Paintinger:** Mit dem Codex wollen wir mehr gegenseitige Sicherheit! Wir pflegen mit der Innovation Group ein sehr kooperatives Verhältnis und glauben, dass wir zusammen etwas schaffen können, was den Markt positiv für alle Seiten beeinflussen kann. Ins Detailmöchte ich aber an dieser Stelle noch nicht gehen. Dazu stehen wir noch viel zu sehr am Anfang unserer Bemühungen. **Der BVdP setzt sich seit knapp zwei Jahren für die Interessen der Partnerwerkstätten ein. Was haben Sie bisher konkret erreicht?** **Robert Paintinger:** Nachdem sich kein Steuerer freut, wenn wir hier ganz konkret über getroffene Vereinbarungen plaudern, bleibe ich doch ein wenig allgemein.
Bisher wurden die Partnerwerkstätten durch unser Zutun bei mehreren Steuerern vom Zwang zum Teileeinkauf verschont. Beim Thema Direktkundenregelung haben wir entscheidende Fortschritte erreicht. Das ziemlich zweifelhafte Geschäftsgebaren einiger Steuerer wurde massiv zu Gunsten der Betriebe beeinflusst. Prozesse wurden deutlich vereinfacht, Abmachungen zum Thema Ersatzwagen verbessert, Rankingschemata verbessert, Provisionsstaffeln optimiert und noch einiges mehr. Wir arbeiten Zug um Zug an Verbesserungen, die zukünftig ausschließlich unseren Mitgliedern zu Gute kommen sollen. Nicht zu unterschätzen ist dabei unsere oben erwähnte persönliche Betreuung von Mitgliedern, wenn es mal zwickt mit einem Steuerer. Durch unsere sehr guten Beziehungen haben wir schon so manche Lösung im Interesse Aller hin bekommen, die ein einzelner Betrieb niemals hätte erreichen können. Aber Wunder können auch wir nicht vollbringen und wenn ein Betrieb selbst nicht dazu bereit ist, sich an Regeln zu halten, gibt es auch bei uns keine Bereitschaft, ihm aus der Patsche zu helfen. **Was hat sich im Verband selbst getan?** Es gibt mittlerweile eine Kultur des Informations- und Meinungsaustausches unter denMitgliedsbetrieben, wie sie vor kurzer Zeit noch gar nicht vorstellbar war. Unser neuestes Projekt sind Best Practice Zirkel, die wir mit namhaften Dienstleistern durchführen und die unsere Betriebe in ihrer nachhaltigen und positiven Entwicklung unterstützen werden. Wir versprechen uns sehr viel davon. Hier wird es um Problemlösungen und gegenseitiges Lernen gehen und nicht ums Lamentieren. Überhaupt ist unsere Strategie, nicht als die Jammerer und Motzer am Markt aufzutreten, voll aufgegangen. Wir wollen, dass Schadensteuerung ein Erfolgsmodell bleibt, im Interesse aller Beteiligten. Wir sind fair, verhalten uns fair, behandeln andere fair und erwarten das auch von den anderen Marktteilnehmern wie Steuerer und Versicherer.
Insgesamt waren die Partnerbetriebe noch nie so stark wie jetzt durch den BVdP. Viele unserer Mitglieder haben das Gefühl, in einem wirklich tollen und aktiven Verein dabei zu sein und bringen sich selbst aktiv mit ein. Wir wollen diese Stärke des Vereins im Interesse der Mitglieder weiter ausbauen. Immer kooperativ, nie konfrontativ. Aber auch nicht unendlich leidensfähig. Um es mit bekannten Zitaten aus der Werbung auszudrücken: wenn wir irgendwann mal zu viel mit „Geiz ist geil“ konfrontiert werden, gibt es einen Punkt, wo auch wir sagen „Wir sind doch nicht blöd!“ **Wie werden die Interessen der Betriebe bei der Schadensteuerung im Flottengeschäft gewahrt? Selog, GE ASL und ALD wollen einen Beirat wählen lassen. Wie ist hier der Stand der Dinge?** **Robert Paintinger:** Einer der genannten Steuerer hat das ja schon getan. Ob das zu einem wirklich positiven Ergebnis fürdie Betriebe geführt hat, lasse ich jetzt mal dahin gestellt. Aber ich kann Ihnen sagen, dass gerade zur Zeit etliche Steuerer unbedingt eng mit dem BVdP zusammen arbeiten wollen, um ihre Prozesse zu verbessern, ihre Kommunikation mit den Betrieben anzukurbeln, mehr Austausch zuzulassen. **Welche Aufgaben packt der BVdP als nächstes an?** **Robert Paintinger:** Wir sind auf der Suche nach einem Netzwerkmanager. Seine Aufgabe wird es sein, sich intensiv um unsere Mitglieder zu kümmern, die Einrichtung regionaler Stammtische zu unterstützen, die Kommunikation zwischen den Mitgliedern und dem Verein aber auch zwischen den Mitgliedern noch mehr anzukurbeln. Außerdem soll er Hilfestellung geben, wenn es bei einem Betrieb mal zwickt, die Best Practice Zirkel zu unterstützen usw. Insgesamt die Vernetzung zu stärken. Das ist die allernächste Aufgabe. Wir wollen unter vielem anderen auch endlich mal eine Zahl ermitteln, die abbildet, mit welchen Kostenentwicklungen unsere Betriebe zu kämpfen haben. Auch welche Kalkulationsschmata im Schadenmanagement überhaupt anwendbar sind und möglicherweise sogar auf breiter Front akzeptiert werden könnten interessiert uns. Die Ersatzteilmargen haben sich nach unserem Gefühl negativ entwickelt. Hier würden wir ebenfalls gern Zahlen ermitteln.
Und ein ganz großes Ziel ist es, zwei Dinge ganz eindeutig und wirksam unters Volk zu bringen: Erstens: Die Partnerbetriebe müssen rührig und schnell sein, sich ständig verbessern und am Ball bleiben. Sie müssen sich kundenorientiert verhalten und besten Service und beste Qualität zu preiswerten Konditionen liefern. Aber sie dürfen sich nicht für jedenSteuerer zum „Affen machen“ und jedem Internetportal oder jeder Zweimannbude von Steuerern hinterherlaufen. Wer seine Leistung nicht zu einem adäquaten Preis verkauft, schadet sich und dem Markt. Zweitens: Die Steuerer müssen auch gewillt sein, diese Bemühungen mit einem ordentlichen Stundenverrechnungssatz zu entlohnen. Wir sind diejenigen, welche die Versprechen der Steuerer an deren Kunden in die Tat umsetzen. Wer als Steuerer die Service-, Leistungs- und Investitionsfähigkeit der Partnerbetriebe durch ein zu knappes Konditionskorsett gefährdet, der gefährdet letztlich seine eigene Reputation und damit seine Existenz. Wir wollen in Deutschland keine Auswüchse, wie man sie aus Großbritannien oder den Niederlanden kennt. Wir wollen unsere deutsche Kultur der fairen Schadensteuerung behalten und weiter ausbauen. Wer das als Betrieb oder als Steuerer oder sonstiger Marktteilnehmer nicht verstehen mag, den wollen wir auch nicht kooperativ unterstützen. Wir sind der festen Überzeugung: Es ist möglich, dass die „guten“ Betriebe zusammen mit den „guten“ Steuerern gute Geschäfte machen können und letztlich die unseriösen Marktteilnehmer das Nachsehen haben werden. Dafür kämpfen wir jeden Tag mit vollem Einsatz.
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