


2025-05-27T09:04:56+0000
Johanna Sander: Lackierermeisterin, Betriebsinhaberin und Dozentin mit nur 31 Jahren
Großsolt im Landkreis Schleswig-Flensburg. Es ist spät am Abend und die Lackiererei Zauberofen ist noch hell erleuchtet. Inhaberin Johanna Sander bereitet gerade eine Motorhaube für die Klarlacklackierung vor. An Feierabend ist aktuell noch nicht zu denken. Die Inhaberin kümmert sich in den Abendstunden um die Kundenaufträge, tagsüber war ihre Lackiererei Übungsstätte für elf angehende Fahrzeuglackierer-Meister. Denn die 31-Jährige koordiniert neben ihrem eigenen Betrieb auch einen Meisterkurs der HWK Lübeck und der BBS Kiel. „Natürlich ist das manchmal stressig, aber es macht mir Spaß Wissen weiterzugeben und die Meisterklasse liegt mir sehr am Herzen“, erklärt die junge Fahrzeuglackiererin, die selbst seit 2019 Meisterin ist.
## Lack in allen Facetten
Lack ist Johanna Sanders große Leidenschaft. Aufgewachsen in der väterlichen Werkstatt war der berufliche Weg schon früh klar. Nach dem Realschulabschluss begann sie 2010 eine Ausbildung zur Fahrzeuglackiererin, die sie 2013 abschloss. „Da ich nach meiner Lehre keine Anstellung fand, entschied ich mich, eine zweite Ausbildung zur Lacklaborantin bei der BASF in Oldenburg zu machen“, führt sie im Gespräch mit schaden.news aus. Nachdem sie auch diese Ausbildung beendet hat, ging es für die Norddeutsche in das fast 500 Kilometer entfernte Münster. Im Refinish Competence Center von Glasurit entwickelte sie Lacke sowie Lackierprozesse und kümmerte sich als Ausbildungsbeauftragte zudem um die Auszubildenden vor Ort. Parallel dazu absolvierte sie ihre Meisterausbildung, die sie 2019 erfolgreich abschloss.
## Traum von der eigenen Lackiererei verwirklicht
Nach insgesamt fünf Jahren in Münster zog es die junge Frau 2022 schließlich zurück in die Heimat. „Ich habe immer schon von einem eigenen Betrieb geträumt, auch wenn mein Vater es lieber gesehen hätte, dass ich in meinem sicheren und gutbezahlten Anstellungsverhältnis bleibe“, so Johanna Sander. Doch die damals 28-Jährige will ihren Traum verwirklichen. 2022 bringt sie die stillgelegte Lackiererei der väterlichen freien Autowerkstatt wieder auf Vordermann. Im Mai 2023 nimmt der Zauberofen schließlich seinen Betrieb auf. „Das war natürlich eine stressige Phase. Ich habe fast alles selbst gemacht, habe neue Böden gegossen, alles modernisiert. Hinzu kam der psychische Druck und die Frage, werde ich den von mir erstellten Businessplan umsetzen und die erhofften Umsätze auch tatsächlich einfahren können?“
Heute – genau zwei Jahre später – hat sich die Lackiererei in der Region etabliert. Die Auftragslage ist stabil und so konnte Johanna Sander zu Beginn des Lehrjahres 2024 sogar eine Auszubildende einstellen. Auch mehrere Praktikantinnen hatte sie bereits in der Werkstatt.
## Tagsüber modernisieren, abends Unterricht vorbereiten
Wie groß ihre Liebe zum Handwerk und ihr Engagement in der Aus- und Weiterbildung ist, zeigt sich jedoch vor allem an der von Johanna Sander betreuten Meisterklasse. Denn diese hat sie parallel zum eigenen Betrieb im Jahr 2023 übernommen. „Als ich 2022 in
meine Heimat zurückkam, hatte ich ursprünglich überlegt, zunächst nur ein Nebengewerbe für die Lackierung anzumelden und mich deshalb auf eine ausgeschriebene Stelle bei der HWK Lübeck beworben. Die HWK eröffnete mir dann, dass mit der BBS Kiel ein Meisterkurs geplant sei, jedoch wegen fehlender Dozenten nicht begonnen werden könnte. Also habe ich das kurzerhand übernommen. Gleichzeitig machten mir die Kollegen an der HWK Mut, hauptberuflich mit meiner Lackiererei zu starten“, erinnert sich die heute 31-Jährige.
Parallel zur Modernisierung und Eröffnung des Zauberofens bereitete Johanna Sander also den theoretischen Unterricht für ihre Meisterklasse vor. Die Praxisteile absolvieren die elf angehenden Meister zudem ebenfalls – mangels Alternativen – im Zauberofen in Großsolt. Auch die bevorstehende Prüfung wird dort stattfinden und diese wird Johanna Sander, die seit diesem Jahr auch Mitglied des Prüfungsausschusses ist, ebenfalls mit abnehmen. „Da ist natürlich viel Koordination gefragt. Meine Aufträge muss ich dann abends oder am Wochenende nacharbeiten. Aktuell stehe ich oft bis spät abends in der Werkstatt“, betont die Fahrzeuglackierermeisterin und ergänzt: „Aber ich möchte die Meisterausbildung auch in Zukunft gern weiter betreuen. Mir macht das viel Spaß und der fachliche Austausch mit der Klasse ist toll. Wir helfen uns auch untereinander bei offenen Fragen im Werkstattalltag. Unser Handwerk lebt schließlich vom Wissens- und Erfahrungsaustausch.“
## Finalistin für Handwerkspreis der VR-Bank – Onlineabstimmung läuft noch
Mit ihrem Engagement für die Meisterschüler-Weiterbildung hat sich Johanna Sander übrigens auch für den Handwerkspreis der Volksbanken Raiffeisenbanken beworben. Dieser würdigt jedes Jahr Handwerksbetriebe mit innovativen Konzepten und ist mit 15.000 Euro dotiert. Die junge Betriebsinhaberin hat ihre „Masterclass“, wie sie ihr Konzept nannte, ins Rennen geschickt und darf sogar auf den Hauptpreis hoffen. Denn sie ist eine der drei Finalisten. Welches Projekt am Ende den Zuschlag erhält, darüber entscheidet ein Online-Voting. [Noch bis zum 4. Juni kann hier online abgestimmt werden.](https://sh.vr.de/firmenkunden/news/handwerkspreis.html)
Das Preisgeld wäre eine gute Investitionsgrundlage für die junge Betriebsinhaberin. Denn auch in den nächsten Jahren hat sie viel vor, so steht beispielsweise die Betriebsübergabe der väterlichen Service-Werkstatt auf dem Plan und zudem möchte Johanna Sander auch ihr eigenes Kundenklientel weiter vergrößern.
Carina Hedderich