2023-01-25T09:40:36+0000

Erhöhter Mehraufwand bei Erneuerung B-Säulenverstärkung am Fiat 500X

Immer wieder verweist die Interessenvertretung für Fahrzeugtechnik und Lackierung (IFL) darauf, dass Betriebe beim Erstellen von Schadenkalkulationen oder dem Erstellen von Sachverständigengutachten die tagesaktuellen und fahrzeugspezifischen Reparaturleitfäden hinzuziehen sollen. Denn konstruktionsbedingt gibt es neben unterschiedlichsten Reparaturverfahren auch immer wieder individuelle und fahrzeugspezifische Besonderheiten zu berücksichtigen. So können die tagesaktuellen und modellspezifischen Reparaturunterlagen ausschlaggebend für fachgerechte Schadenkalkulationen und Sachverständigengutachten und insbesondere für fachgerechte und vollständige Unfallschadenreparaturen sein. In der aktuellen Technischen Mitteilung geht es konkret um die Erneuerung der B-Säulen Verstärkung beim Fiat 500X. Was die Anwender ohne die Hinweise aus dem Reparaturleitfaden „Verstärkung B-Säule Erneuern“ nicht wissen können ist, dass es für die Erneuerung der B-Säulenverstärkung links und rechts notwendig ist, vorab das Dach inklusive der Dachstreben auszubauen und zu erneuern. Eine Instandsetzung oder ein Teilersatz der B-Säulen Verstärkung ist aufgrund der verbauten hochfesten bzw. höchstfesten Stähle nicht zulässig. ## Erfahrung und Schulung auf Kalkulationssystem sind zwingend erforderlich Häufiges Problem: In den Grafiken der Kalkulationssysteme finden sich keine besonderen Hinweise für die korrekte Kalkulation der Reparatur. Im Ergebnis beider Kalkulationssysteme wird die eigentliche Arbeitsposition „Verstärkung B-Säule links/rechts Erneuern“ entweder als „KN-Position“ (AX) oder mit „Arbeitsaufwand“ (DAT) gekennzeichnet. Im Umfasstext ist diese Position teilweise als „Verbundarbeit“ gekennzeichnet. Das bedeutet, dass die Anwender diese Position zwar einzeln auswählen können, eine entsprechende Hauptarbeitsposition aber dieser Arbeit vorausgeht. Welche Arbeiten das in diesem Fall sind, lässt sich während der Kalkulation noch nicht erkennen. Die Anwender werden üblicherweise die Hauptarbeiten (B-Säule links/rechts außen Erneuern inkl. der üblichen De- und Montagearbeiten und ggf. Richtarbeiten an der B-Säule) und alle weiteren notwendigen Arbeiten manuell auswählen oder hinzufügen. „Erfahrung und Ausbildung im Umgang mit den Schadenkalkulationssystemen ist hier zwingend erforderlich“, heißt es daher in der TeMi. ## Vorsicht: Kostenschätzungen können erheblich vom tatsächlichen Reparaturaufwand abweichen Der Hinweis auf das Dach inkl. der Dachquerträger/Stützen wird herstellerseits im Reparaturleitfaden nur zu Beginn und am Ende erwähnt. Hierbei kommt es laut IFL darauf an, die Reparaturinformationen richtig zu verstehen und zu interpretieren. „Ohne die Informationen aus dem relevanten Reparaturleitaden besteht hier generell die Gefahr, dass bei der Erstellung eines Sachverständigengutachtens oder eines Kostenvoranschlages wichtige Arbeiten und Ersatzteile aufgrund fehlender Informationen gar nicht aufgenommen werden und somit diese Kostenschätzungen erheblich vom tatsächlichen Reparaturaufwand abweichen“, betont die Interessenvertretung. Weiterhin werden ohne die zusätzlichen Informationen wichtige, gutachterliche Aspekte wie Wiederbeschaffungs- und Restwert falsch ermittelt. Im ungünstigsten Fall überschreiten die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert. Die Folge: Der Fachbetrieb repariert dann auf der Grundlage eines technisch falschen bzw. unvollständigen Sachverständigengutachtens bzw. seiner eigenen, falschen Kalkulation. Abgesehen davon weicht eine solche Reparatur von den Reparaturvorgaben des Herstellers ab und ist somit nicht fachgerecht ausgeführt. Im Unterschied zum Reparaturleitfaden, der den vom jeweiligen Fahrzeughersteller vorgegebenen Reparaturweg aufzeigt, stellen die Kalkulationsergebnisse die für die Reparatur notwendigen Arbeitspositionen, die dazu notwendigen Ersatzteile sowie die Lackieraufwendungen inkl. Lackmaterialien in der Regel als einen „Kostenvoranschlag“ dar. Lediglich die Umfasstexte zu den einzelnen Arbeitspositionen weisen darauf hin, was alles in der zur Arbeitspositionsnummer ausgewiesenen Arbeitszeit (AW oder ZE) enthalten sein soll. Eine Art Reparaturleitfaden erschließt sich daraus nicht. In qualitativ und fachlich hochwertigen Sachverständigengutachten wird der angedachte Reparaturweg in der Regel ausführlich oder in Stichpunkten beschrieben. ## Datenabieter geben Infos in nächsten Updates weiter Im Zuge der Recherchen hat die IFL auch die Datenanbieter Audatex, DAT sowie Schwacke/Eurotax informiert und folgende Rückmeldungen erhalten: Audatex hat die Informationen nach eigenen Angaben bereits an die Datenerfassung weitergegeben. Die Aktualisierungen werden mit dem nächsten Update in das System einfließen und den Anwendern so zeitnah zur Verfügung stehen. Laut DAT wird mit dem Release im Februar 2023 für die Anwender eine Fußnote in der Grafik der BSäule sichtbar, mit dem Hinweis: „Achtung! OEM Reparaturleitfaden beachten, das Dach und ggf. weitere Bauteile müssen erneuert werden.“ Auch bei Schwacke/Eurotax wurden die Informationen bereits an die Datenerfassung weitergegeben. Die Aktualisierungen werden mit dem nächsten Update in das System einfließen und den Anwendern so zeitnah zur Verfügung stehen. Fazit: Ohne die Informationen aus den tagesaktuellen und fahrzeugspezifischen Reparaturleitfäden, lässt sich weder eine vollständige Kalkulation noch ein vollständiges und somit fachgerechtes Sachverständigengutachten erstellen. Im Regelfall verlassen sich die Anwender der Kalkulationssysteme auf deren Ergebnisse und Logik. Dies führt in der Regel auch zu eigentlich vermeidbaren Diskussionen bei Reparaturausweitungen und zu Problemen im Reparaturablauf. Die IFL rät Reparaturbetrieben, nicht auf die Beschaffung von reparaturrelevanten Herstellerinformationen, [zum Beispiel auf Repair-pedia zu](https://www.repair-pedia.eu/de/de/start) verzichten. Die Kosten hierfür seien Bestandteil der auftragsbezogenen Reparaturrechnung. Zudem empfiehlt die Interessenvertretung, alle ausgeführten Arbeiten zu dokumentieren und gegebenenfalls separate Zeiterfassungen zu erstellen. Zudem sollten Betriebe Auffälligkeiten oder Ungereimtheiten, die sich im Zuge der Erstellung einer Unfallschadenkalkulation bzw. eines Sachverständigengutachtens ergeben, [an die IFL melden](https://ifl-ev.de/). [Die vollständige Technische Mitteilung können Sie sich hier herunterladen.](https://schaden.news/download/link/gobN)
Ina Otto