2020-01-22T11:58:15+0000

„Nur hochspezialisierte Autoglasbetriebe werden Schritt halten können“

Die Frontscheibe stand in den letzten Jahren wiederholt im Fokus der Unfallreparaturbranche. Denn der zunehmende Verbau von Sensor- und Kameratechnik bringt neue Herausforderungen für den Austausch oder die Reparatur der Glasscheibe mit sich. Herausforderungen, mit denen künftig nur noch hochspezialisierte Autoglasbetriebe Schritt halten können – dessen ist sich Tobias Plester, Geschäftsführer Junited Autoglas Deutschland, sicher. Im Interview mit schaden.news-Chefredakteur Christian Simmert erklärt er, wie sich der Autoglas-Markt entwickelt und warum es zu einer Spezialisierung der Reparaturbetriebe kommen muss. ___Herr Plester, wie hat sich der Markt für Autoglas-Reparaturen und Frontscheibentausch aus Sicht von Junited Autoglas im vergangenen Jahr entwickelt?___ __Tobias Plester: __Die Zahl der zu kalibrierenden Fahrerassistenzsysteme steigt rasant an und beschleunigt den Weg zum autonomen Fahren. Der klassische Austausch von Glasscheiben wird dadurch immer mehr zum Ausgangsprozess der Instandsetzung. Die Vernetzung der Systeme bzw. die Sicherstellung aller mit der Autoglasscheibe verbundenen Funktionen, wird einen immer größeren Anteil bekommen. ___Wo sehen Sie generell die wichtigsten Herausforderungen für Betriebe, die Autoglas-Service anbieten?___ __Tobias Plester:__ Es gibt aktuell viele Punkte, die uns umtreiben. Die Herausforderung besteht vor allem darin, jedem einzelnen die richtige Priorität einzuräumen. Die Suche nach qualifiziertem und engagiertem Personal wird zusehends schwieriger, der Scheibenaustausch immer komplexer und der Zugang zu den Steuergeräten für kommende Fahrzeuge teurer. Der Einfluss von externen Faktoren nimmt zu und erfordert vielfältige Investitionen. ___Wie stellt sich Junited Autoglas mit seinen Partnern darauf ein?___ __Tobias Plester: __Um technisch auf der Höhe der Zeit zu bleiben, unterstützen wir unsere Partner thematisch und anwendungsspezifisch mit diversen internen Schulungen, für die wir die junited Academy ins Leben gerufen haben. Unsere intensivierte Zusammenarbeit mit dem Autoglas Schulungs Center (ASC) wird unseren Anspruch des absoluten Spezialistentums bei allen Fragen rund ums Fahrzeugglas untermauern. ___Markterhebungen zufolge sind nicht einmal die Hälfe aller freien Werkstätten im Autoglas-Service aktiv. Woran liegt das?___ __Tobias Plester: __Dies liegt aus unserer Sicht an den besonderen Anforderungen, die der Autoglasmarkt mit sich bringt. Die Mehrheit der etablierten Autoglasspezialisten ist langjährig im Markt und verfügt über enormes Anwendungs-Know-how. In Kombination mit den angebotenen Service-Leistungen wie kostenloser Ersatzwagen oder mobiler Service, wurde der Markt lange geprägt bzw. von den Kunden immer noch stark nachgefragt. Das war nicht für alle freien Werkstätten leicht darstellbar. Bedingt durch die steigende Anzahl an FAS erfordert ein Scheibenaustausch mittlerweile viel Technik und Know-How. Dies macht es für freie Werkstätten zusätzlich schwieriger. Und auch die stetig steigende Steuerungsquote zu den großen Playern im Markt tut ihr übriges zu. Das hochspezialisierte Autoglasgeschäft ist nicht nur geprägt von einer sehr hohen Instandsetzungs- und Servicequalität, sondern auch entsprechender Umsetzungsgeschwindigkeit. ___Werden künftig, angesichts der genannten Herausforderungen, nur noch auf Autoglas spezialisierte Betriebe Frontscheiben tauschen können?___ __Tobias Plester:__ Der Weg geht klar dahin. Schon in 4 Jahren sind FAS für alle Neuwagen verpflichtend. Nur Fahrzeuge älteren Baujahres werden dann noch „einfach so nebenher“ bewerkstelligt werden können. Nur hochspezialisierte Autoglasbetriebe werden Schritt halten können und die zukünftigen technischen Voraussetzungen sowie die zunehmende digitale Kundenbeziehung erfolgreich meistern. ___Können auch K&L-Betriebe Partner von Junited Autoglas werden? Welche Kosten sind mit einer Partnerschaft verbunden?___ __Tobias Plester:__ Wir arbeiten heute schon mit einigen K&L Betrieben zusammen und freuen uns über jeden Interessenten. Neben einer einmaligen Aufnahmegebühr fallen ein fixer Monatsbetrag und abrechnungsbezogene Gebühren an, sofern der Job über die junited-Zentrale abgewickelt wird. Das Bar- und Werkstattgeschäft ist bei uns gebührenfrei. Von neuen Partnern erwarten wir neben den oben angesprochenen Investitionen in Hard- und Software ein klares Bekenntnis zu junited AUTOGLAS im Innen- und Außenverhältnis. Dafür unterstützen wir unsere Partner im Marketing und Vertrieb und sorgen mit zunehmenden Vermittlungen und dem Rahmenabkommen mit zahlreichen Versicherungs- und Flottenkunden für eine ausgewogene Grundauslastung. Wir öffnen dem Partner damit Türen, die er vor Ort aber selber durchschreiten muss. ___Im März treffen Sie sich zur Jahrestagung mit Ihren Partnern. Welche Themen stehen im Mittelpunkt?___ __Tobias Plester: __Die Digitalisierung mit all ihren Auswirkungen wird auch in diesem Jahr im Vordergrund stehen. Sie beschäftigt uns längst nicht mehr nur bei der Kalibrierung von Fahrerassistenzsystemen, sondern auch in Bezug auf mehr Auftragstransparenz und einem veränderten Kundenverhalten. Wir werden auf unserer Jahrestagung die gesamte Wertschöpfungskette abbilden, also bei der Kundenakquise beginnen und im After-Sales-Bereich aufhören. Alle Veränderungen, Anstrengungen und Herausforderungen, die unsere Partner und wir derzeit erleben, haben aber auch etwas Positives: unsere Branche gehört zu denjenigen, die schon mittendrin sind in dieser „Übergangsphase“ zu einer weiteren, digitalen Kundenbeziehung. Wenn uns die Umsetzung hierbei gelingt, wovon wir klar ausgehen, dann wird diese Veränderung auch ein Wettbewerbsvorteil sein. ___Herzlichen Dank für das Gespräch!___
Christian Simmert