2019-09-04T11:33:30+0000

Wie schützt sich der Betrieb vor Insolvenz, Herr Prigge?

__Herr Prigge, [die Zahl der Insolvenzen ist im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum kräftig angestiegen](https://schaden.news/de/article/link/41230/insolvenzen-mai-2019). Wo liegen mögliche Gründe für diese Werkstattpleiten? __ __Herbert Prigge:__ Karosserie- und Lackierbetriebe stehen derzeit unter einem großen Veränderungsdruck. Dafür gibt es mehrere Ursachen. So sind die Anforderungen an die K&L-Werkstätten gestiegen, beispielsweise Mechanik als zusätzlichen Leistungsbaustein anzubieten. Dafür muss der Betrieb aber auch vom Werkzeug, Personal und Know-how dementsprechend aufgestellt sein und investieren. Ein weiteres Problem ist der Fachkräftemangel: Die Werkstatt kann die von den Kunden geforderte Leistung nicht mehr erbringen, weil das Personal fehlt, um die Aufträge abarbeiten zu können. Drittens stehen auch die Margen extrem unter Druck, die Kosten, z. B. Löhne, sind gestiegen. Darauf nehmen aber beispielsweise Schadensteuerer bei der Preisverhandlung keine Rücksicht. Zusammengefasst: Wer nicht auf eine ausgewogene Mischung seiner Auftraggeber zurückgreifen kann, für den könnte es betriebswirtschaftlich schnell kritisch werden. __Erkennt ein Betriebsinhaber überhaupt, ob er mit seinem Unternehmen in die Insolvenz rutscht? __ __Herbert Prigge:__ Ganz klar: Unternehmer, die ein wenig BWL-Kompetenz mitbringen, erkennen die Schieflage eher als solche, die sich nur um das Handwerkliche, nicht aber um die Zahlen kümmern. Wegschauen ist keine geeignete Lösung. Im Zweifel sollte der Betriebsinhaber sich spätestens dann Unterstützung durch eine Unternehmensberatung holen, wenn sich Auftrags- und Ertragslage nachhaltig verschlechtern. Denn der endgültigen Insolvenz gehen drei Stadien voraus. Je früher man diese erkennt, desto besser stehen die Chancen, die Krise abzuwenden. __Welche drei Stadien sind das?__ __Herbert Prigge:__ Beim ersten Stadium sprechen wir von einer Shareholder-Krise: Der Unternehmer ist strategisch falsch abgebogen, er hat eine Fehlentscheidung getroffen. Zum Beispiel hat er sich technischen Neuerungen verschlossen und ist Innovationsschritte nicht mitgegangen – in etwa die Einführung von Softwareunterstützung ab einer bestimmten Betriebsgröße. Wenn diese Fehlentscheidung nicht korrigiert wird, erfolgt im zweiten Schritt die Ertragskrise. Diese schlägt sich in schmelzenden Gewinnen und dann in den Bilanzen nieder. Das Tückische ist: In diesem Stadium fällt diese Krise lediglich demjenigen auf, der seine Zahlen regelmäßig beobachtet. Erst, wenn sich das Unternehmen im dritten Stadium befindet, ist das Ausmaß auch für den nicht-geübten Unternehmer erkennbar. Dann nämlich befindet sich das Unternehmen in der Liquiditätskrise. Sprich: Das Geld fehlt, der Betrieb ist insolvent, wenn nicht sehr schnell und nachhaltig gehandelt wird. Insgesamt gilt dabei die Regel: je später ich handele, desto schwieriger und auch teurer wird es. __Hat der Unternehmer denn dann überhaupt noch eine Chance, die Pleite abzuwenden? __ __Herbert Prigge:__ So eine Liquiditätskrise lässt sich nur bewältigen, indem der Unternehmer die drei Stadien strukturiert Schritt für Schritt rückwärts beseitigt. Im ersten Schritt muss er also die Liquidität stabilisieren. Danach sollte er daran arbeiten, seine Erträge nachhaltig zu verbessern. Beispielsweise, indem er neue, zusätzliche Kundenkreise erschließt. Im dritten Schritt empfiehlt es sich, Werkzeuge zu installieren, mit denen der Unternehmer seine Zahlen regelmäßig und langfristig im Blick behält und auch schaut, wie sein Betrieb im Vergleich zu anderen Werkstätten in der Region betriebswirtschaftlich überhaupt aufgestellt ist. [Ein geeignetes Tool dafür ist beispielsweise der Kennzahlenkompass. ](https://schaden.news/de/article/link/40819/kennzahlen-kompass-spies-hecker-profi-club) Dieser Online-Betriebsvergleich ist explizit auf die K&L-Betriebe zugeschnitten. Darüber hinaus ist es natürlich hilfreich, regelmäßig mit seinem Steuer- oder Unternehmensberater zu sprechen – um betriebswirtschaftliche Schieflagen in Zukunft schneller zu erkennen. __Herzlichen Dank für das Gespräch! __
Ina Otto