2019-05-28T13:29:01+0000

Wenn's in der Werkstatt kracht – oder welche Schäden sind im Betrieb versichert?

Es ist ärgerlich, kommt aber immer wieder vor: Kundenfahrzeuge werden beschädigt, während sie sich in der Obhut des Betriebs befinden. Aber auch Personen kommen mitunter auf dem Betriebsgelände zu Schaden. Wer sich jetzt entspannt zurücklehnt und denkt „Was soll mir schon passieren? Ich habe ja eine Betriebshaftpflichtversicherung“, dem kann ein böses Erwachen drohen. ## Betriebshaftpflicht allein reicht nicht! Die Betriebshaftpflichtversicherung kommt zwar grundsätzlich für Schäden auf, die betriebsfremde Personen infolge einer betrieblichen Tätigkeit erleiden. Der Klassiker ist der Sturz auf glattem Boden infolge von Öl, Eis oder Schnee, also Schäden, die ihre Ursache in der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten haben. Hier sind Sach- und Personenschäden gedeckt. Auch Umweltschäden, die zum Beispiel durch auslaufende Betriebsstoffe verursacht werden können, gehören zum Deckungsumfang dazu. Schäden, die auf mangelhaft ausgeführte Arbeiten am Fahrzeug zurückzuführen sind, sind hingegen nicht von der Betriebshaftpflichtversicherung gedeckt. Dies gilt allerdings nur, wenn sie nicht an dem Fahrzeug selbst entstanden sind oder unter die Gewährleistung fallen. Kommt es beispielsweise zu einem Unfall, weil sich nach Tausch der Lackier- gegen die Originalräder ein Rad löst, sind Personenschäden des Kunden sowie Dritter abgedeckt. Auch für Schäden an Sachen Dritter zahlt der Versicherer. Schäden am Kundenfahrzeug werden hingegen nicht ersetzt. Ebenfalls nicht abgedeckt sind Schäden, die während einer Probefahrt, des Umsetzens oder anderer betriebsbedingter Tätigkeiten entstehen. ## Wann eine Zusatzhaftpflichtversicherung sinnvoll ist Daher ist der Abschluss einer Zusatzhaftpflichtversicherung für Handel und Handwerk eine sinnvolle Ergänzung. Sie bietet zwar noch keinen Rundumschutz, kommt aber für Schäden am Kundenfahrzeug auf, die auf Arbeiten am Fahrzeug zurückzuführen sind und bei denen es sich nicht um Gewährleistungsansprüche handelt. Wenn das Kundenfahrzeug z.B. nach dem Ablösen des Rades aufsetzt oder die Originalräder beim Austausch gegen die Lackierräder beschädigt werden, ist dies kein Fall für die Betriebs-, sondern für die Zusatzhaftpflicht. Die einschlägige Literatur benennt auch immer wieder Schäden, die dadurch entstehen, dass während der Durchführung der Arbeiten andere Teile am Fahrzeug beschädigt werden als diejenigen, auf die sich die Arbeiten bezogen. Ein gängiges Beispiel das Werkzeug, das dem Mitarbeiter in den Motorraum fällt und dort alle möglichen Schäden verursacht. Ob dieser Schaden dann von der Zusatzhaftpflichtversicherung übernommen wird, hängt entscheidend davon ab, ob die durchzuführenden Arbeiten sich auch auf das beschädigte Teil bezogen oder ob der Schaden als Unfall einzustufen ist (z.B. Schäden im Motor- oder Fahrzeuginnenraum an nicht bearbeiteten Teilen, wie z.B. der von einem Schraubenzieher beschädigte Sitzbezug). ## Zahlt die Zusatzhaftpflicht auch, wenn das Auto von der Hebebühne fällt? Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass die Kombination von Betriebs- und Zusatzhaftpflichtversicherung sinnvoll ist, aber noch immer nicht alle Lücken schließt. Wer hier nach noch umfassenderem Schutz sucht, sollte über den Abschluss einer Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung nachdenken. Zwar fallen Autos in K&L-Betrieben eher selten von der Hebebühne, doch beim Rangieren oder während Probe- und Überführungsfahrten kann es immer wieder mal zu Streif- und Kollisionsschäden kommen. Diese Schäden werden – ebenso wie der Absturz von der Hebebühne – entweder von der Kfz-Haftpflicht- oder der Kasko-Versicherung Handel und Handwerk gedeckt. Wer dies beachtet, sollte auch abgesichert sein, wenn Kundenfahrzeuge, die sich in der Obhut des Betriebs befinden, beschädigt oder gestohlen werden. ## „Abstellservice“ muss separat versichert werden Wichtig ist, dass ein Zusammenhang zwischen den Arbeiten am Fahrzeug und der Obhut des Betriebes besteht. Die garagenmäßige Unterstellung muss grundsätzlich extra abgesichert werden. Die Musterbedingungen des GDV sehen eine garagenmäßige Unterstellung immer dann als gegeben an, wenn die „Obhut für fremde Fahrzeuge ... zur Erreichung des Zweckes ihres Kfz-Handel- und Handwerkbetriebs nicht mehr oder noch nicht erforderlich ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Kunde sein Fahrzeug aus eigenem Interesse früher zu Ihnen bringt oder länger bei Ihnen belässt.“ Wer seinen Kunden einen „Ferienservice“ anbietet, das heißt das Fahrzeug während der ferienbedingten Abwesenheit des Kunden wartet und repariert, um es ihm nach seiner Rückkehr zurückzugeben, sollte dies beim Abschluss des Versicherungsvertrages nicht nur mitteilen, sondern sich auch hier die Deckung bestätigen lassen. Abgesehen davon lässt sich eine passende Deckung nur erreichen, wenn auch die Betriebsart und damit das Gefährdungspotenzial zutreffend angegeben wird. Schließlich benötigt eine Lackiererei einen anderen Schutz, als ein Reifenfachbetrieb oder eine Landmaschinenwerkstatt. Dies gilt übrigens nicht nur für die Betriebs- und Zusatzhaftpflicht-, sondern insbesondere auch die Kfz-Haftpflicht- und Kaskoversicherung für Handel und Handwerk. Schließlich wäre es ärgerlich, wenn ein in Obhut genommener Mähdrescher oder Reisebus beschädigt wird, der Deckungsumfang in Kasko aber nur für einen Kleinwagen reicht.
Dr. Wolf-Henning Hammer (ETL Kanzlei Voigt)