2021-01-20T13:30:16+0000

Ersatzteile: Wege aus der Margen-Krise?

Die Kürzungen von Rabattstaffeln führender Ersatzteil-Lieferanten hat die Branche Anfang des Jahres kalt erwischt. [schaden.news hatte über gravierende Folgen für K&L-Betriebe durch Änderungen bei Konditionen des NORA Zentrums für VW Ersatzteile und der PSA-Group in der vergangenen Woche (14.1.) berichtet.](https://www.schaden.news/de/article/link/42084/ersatzteile-margenkuerzung-setzt-betriebe-massiv-unter-druck) Schadensteuerer, Verbände und Betriebe suchen nun offenbar nach Wegen, um den drohenden Margenverlust für Reparaturfachwerkstätten zumindest einzugrenzen. ## EUROGARANT zahlt Ausgleich Die EUROGARANT AutoService AG informierte Anfang Januar ihre Partnerbetriebe über die aktuelle Entwicklung. In einem der Redaktion vorliegendem Schreiben heißt es: „Mit Sorge beobachten wir neben dem Virusgeschehen nicht minder die Marktentwicklung rund um die Ersatzteilpreise und die augenscheinlichen Kräfte des Monopols der Automobilhersteller. Kurz gesagt: In regelmäßigen Abständen werden die Preise der Ersatzteile erhöht, im gleichen Moment die Rabatte auf die Ersatzteile drastisch gesenkt oder in andere und schlechtere Rabattgruppen verschoben.“ Die Friedberger haben dabei vor allem Volkswagen im Blick. Nach Bekanntwerden der neuen Rabattstaffeln bei Ersatzteilen von VW, Audi, Skoda und Seat hat man in der Zentrale einen Warenkorb mit allen bezogenen Ersatzeilen des Nora Zentrums gebildet und die Konditionen der Jahre 2020 und 2021 miteinander verglichen. Das Ergebnis: Die Marge schrumpft im Durchschnitt über alle Teilegruppen um 2,4 Prozent. EUROGARANT will ihren Partnerbetrieben nun einen Ausgleich für die entgangene Ersatzteil-Marge bei vermittelten Reparaturaufträgen zahlen. ## ZKF-Präsident für Ausweitung von UPE-Aufschlägen Im Gespräch mit schaden.news bezeichnete ZKF-Präsident Peter Börner die veränderte Lage für K&L-Werkstätten als dramatisch. „Nicht nur, dass die Reparaturfachbetriebe immer stärker unter dem durch die Corona-Krise veränderten Mobilitätsverhalten, dem Rückgang von Unfallschäden und dem Ausbleiben von Aufträgen leiden und vielerorts der Stundenverrechnungssatz nicht ausreicht, jetzt wird ihnen auch noch die lebensnotwenige Ersatzteil-Marge gekürzt.“ Der Verbands-Chef fordert die Betriebe auf, genau zu berechnen, was die gekürzten Rabattstaffeln für sie individuell bedeuten. „Jeder Unternehmer muss nun seine UPE-Aufschläge kalkulieren und mit seinem Schadensteuerer darüber verhandeln, diese auch bei vermittelten Kasko-Schäden zu berechnen“, erklärte Peter Börner. „Es ist doch klar, dass der Aufwand für Bestellung, Lieferrisiko und Materialentsorgung in Rechnung gestellt werden muss. Jetzt wohl erst recht.“ ## BVdP: „Margenreduzierungen gehen an Existenzgrundlagen“ Nach der Berichterstattung auf schaden.news veröffentlichte der [Bundesverband der Partnerwerkstätten eine Erklärung zu den Auswirkungen der Margenreduzierung.](https://schaden.news/download/link/p6LK) Darin heißt es: „Kurz vor dem Jahreswechsel haben große Teilelieferanten der VAG‐Gruppe angekündigt, die Rabatte auf Ersatzteile erheblich zu reduzieren. Auf einen großen Teil der Karosserieteile erhält der Betrieb im neuen Jahr deutlich schlechtere Konditionen, was signifikant zulasten der Wirtschaftlichkeit geht. Ähnliche Signale gibt es auch von einigen anderen Herstellern.“ Der Bundesverband hatte in seinen jährlichen Kostenstudien immer wieder die aus seiner Sicht bedrohliche Entwicklung beleuchtet,
dass Betriebe durch ihren Lohnumsatz die betrieblichen Aufwendungen oftmals nicht mehr decken könnten. In Bezug auf die Magenreduzierung bedeutet das für den BVdP: „Das heißt, dass bei schmelzenden Ersatzteilmargen das Thema Schadensteuerung in Schieflage gerät, da die angekündigten Kürzungen eindeutig die wirtschaftliche Basis der Betriebe schädigen. Hält man sich dann noch die Provisionszahlungen im gesteuerten Geschäft vor Augen, muss man sich zwangsläufig die Frage stellen, wie es ein Partnerbetrieb, dem man zusehends die Margen nimmt, zukünftig noch leisten soll, qualitativ hochwertige Reparaturen und Services abzuliefern oder gar in Zukunftstechnologien zu investieren?“ Der Verband schlägt deshalb die Absenkung der Provisionen auf Ersatzteile oder UPE-Aufschläge vor. ## Wie reagieren HUK-Coburg, Innovation Group und riparo? Wie Schadensteuerer und Kfz-Versicherer auf die aktuelle Entwicklung reagieren, zeichnet sich erst langsam ab. Die HUK-Coburg hatte am 15. Januar ihren Partnerwerkstätten mitgeteilt, dass die Konditionsverhandlungen mit den Automobilherstellern noch nicht abgeschlossen seien. Mehr ist aus der Zentrale in Coburg derzeit offiziell nicht zu erfahren. Mit einer Stellungnahme ist jedoch zu rechnen. Auf Anfrage von schaden.news bestätigt Innovation Group in einer Stellungnahme, dass „die Rabattstaffeln, welche die Basis der Einkaufskonditionen für die Werkstätten bei den NORA Zentren und Herstellerbetrieben sind, in allen Rabattgruppen nach unten korrigiert wurden. Die Verkaufspreise (UPE) werden sich nicht ändern, so dass die Marge der Reparaturbetriebe schrumpft.“ Der Vorstandsvorsitzende Matthew Whittall erklärte gegenüber der Redaktion: „Diese Konditionsänderungen haben auch uns überrascht. Zum einen gab es hierfür einen Informationsvorlauf von nur drei Wochen, zum anderen sind diese Anpassungen offenbar sehr drastisch.“ Innovation Group erwartet für die Kooperationsbetriebe einen Margenverlust. In den vergangenen fünf Jahren habe sich das Niveau der Rabatte auf der Teileplattform des Schadensteuerers relativ stabil zwischen 18 und 20 Prozent gehalten. Das sei angemessen betonte Matthew Whittall. Seine Einschätzung: „Derzeit verfügen wir noch nicht über repräsentative Zahlen, wir gehen aber von einem durchschnittlichen Rückgang der Marge bei VW-Teilen um zwei bis drei Prozentpunkte für die Werkstätten aus.“ Auf die Frage, ob nun auch die Vermittlungsprovision für gesteuerte Aufträge korrigiert wird antwortete Innovation Group nicht. Der Schadensteuerer riparo reagiert auf die Änderungen der Rabatt-Konditionen und prüft die Struktur seiner Ersatzteil-Lieferanten. In einer Mitteilung von riparo Werkstattservice heißt es: „Besonders deutlich haben sich die Rabatte der Volkswagengruppe verändert. Dadurch wurden im Schadenmarkt die Konditionen deutlich nach unten korrigiert. Dafür suchen wir gerade fieberhaft nach guten Lösungen für unsere Werkstattpartner. Wir sind auf einem guten Weg.“ Darüber hinaus informiert der riparo Werkstattservice über Änderungen in der PSA-Gruppe: „Bei Opel ergeben sich durch die Zugehörigkeit zur PSA Gruppe ebenso deutliche Änderungen an der Rabattstruktur. Die komfortable Variante mit 3 Rabattgruppen wurde geändert auf ein Modell mit ca. 40 Rabattgruppen. Auch hier sind wir an guten Lösungen für unsere Werkstattpartner dran.“ ## Tiefgreifende Änderung in die Rabattstruktur durch Volkswagen Beim NORA Zentrum in Wolfsburg ist man sich der Tragweite der Änderungen bei den Konditionen im Ersatzteilgeschäft bewusst. Geschäftsführer Maik Pohling bestätigte im Gespräch mit schaden.news den durchschnittlichen Margenverlust bei VW-Ersatzteilen in einer Größenordnung von bis zu 2,5 Prozent. „Wir haben die Verschlechterungen der Rabatte in den vergangenen Jahren nicht an unsere Kunden weitergegeben, sondern konnten sie durch Wachstum kompensieren.“ Jetzt seien die Veränderungen der Einkaufsbedingungen durch Volkswagen so tiefgreifend, dass eine Kompensation nicht mehr möglich ist. „Uns ist klar, dass dieser Margenverlust für die Werkstätten ein Risiko bedeutet und nicht einfach aufgefangen werden kann – gerade vor dem Hintergrund der Auswirkungen der Corona-Krise.“ Maik Pohling hofft dennoch, dass es eine Lösung für den freien Markt gibt. Er sieht derzeit alle Marktbeteiligten in der Unfallschadenbranche am Zug, um einen Weg aus der Margen-Krise zu finden.
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